Bohema Magazin Wien

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JA JA JA

In der Roten Bar im Volkstheater beglückte das dadaistische Pop-Kollektiv Euroteuro ihr buntes Publikum mit Volume II, ihrem nigelnagelneuem Album und einer sprudelnden Show.

Christian Benesch (c)

“Und alles wirkt wie in einem Traum, nicht real.” Nichts passt so perfekt in die schummrige Kulisse des prunkvollen Saals voll rotem Licht wie diese eine der ersten Zeilen, die das Album und auch das Release-Konzert einleitet. Leicht verwirrt und nicht darauf gefasst, was folgen sollte, werde ich in dieser Donnerstagsnacht in ein Gefühl des Halbtraumzustands hineinversetzt.

Textfetischist*innen

Eine weitere Tatsache, die mich durch den Wind bringt: Musikinstrumente suche ich auf der Bühne vergebens. Obwohl ich kurz einen Hinflug von Irritation verspüre, werde ich von der wuchtigen Performance von Katarina Maria Trenk und Peter T. in den Bann gezogen. Man könnte die zwei auch als Textfetischist*innen betrachten, denn durch die pure Konzentration auf die sängerische Ebene während der gesamten Darstellung, verlagert sich die Aufmerksamkeit auf den Inhalt der Texte. Manchmal mehr, manchmal weniger Bla Bla Bla (letzter Song auf dem Album).

Und trotzdem trägt die Synthsizer-lastige Musik durch die Lautsprecher hindurch die Stimmung im Saal, inklusive der wunderbar theatralischen Show, die die beiden bieten.

Entschleunigung und Exzess, Liebe und Einsamkeit, Schmäh und makabre Absurditäten

Volume II zeigt in alle Richtungen und ist so vielfältig und bunt wie dieser Haufen an Oxymora. Vom Ausschlafen und Entspannen im Song Wenn alle das täten, der Kritik an unserer unfassbar schnellen, kapitalistischen und karriere-obsessiven Welt übt, zum entgrenzenden Exzess, bei dem alle Hüllen fallen gelassen werden und einfach ausgetanzt wird. Von diesem Spektrum: Bitte immer mehr davon!

Du sagst, die Zeit heilt alle Wunden und ich frage mich: what is love?

So kitschig es klingt, Euroteuro trifft da einen wunden Punkt in meinem Herzen. Wer kann da nicht relaten? Überraschenderweise finden sich im neuen Album nebst gesellschaftskritischen Stücken auch ehrliche Worte zum Thema Liebe. Sommer, Sonne, Sonnenschein und Sommerromanzen, im Song Sag alles ab wird all dies in einer an Neo-Jazz erinnernden Vertonung vereint.

Ein bisschen weniger schnulzig geht’s beim Song Allein sein zu: „Manchmal beneid’ ich dich, weil du so gut im Alleinsein bist. Du weißt genau, was du willst. Du brauchst nur dich.“ Dieses unübertreffbare Optimum an Selbstliebe hätte jeder von uns gern oder zumindest nötig. Jajaja, dann wär die Welt vielleicht ein wenig anders.

Allenfalls wirkt auch das zweite Album von Euroteuro grenz- und genreüberschreitend, ganz passend zu ihrem Autogrill-Hit. Von vorne bis hinten durchhören, ist auf jeden Fall empfehlenswert für den ultimativen Kick!