Luziwuzi - Ein schillernder Habsburger
Ein Theaterabend im Rabenhof, der einem außergewöhnlichen Mitglied der Habsburgerfamilie gewidmet ist. Tom Neuwirth, alias Conchita Wurst, gibt einer historischen Figur neue Bedeutung.
Zwischen den Wohnhäusern des Rabenhofes führt ein roter Teppich ins Theaterhaus. Während die Hausbewohner*innen ihren Feierabend genießen, geht es im Theater exzessiv zu: Ein Pool, goldener Vorhang, Musikpult mit Musiker und Lichter, Glitzer und ausgefallene Kostüme, die jedoch der Zeit der Geschehnisse entsprechen. Regisseurin Ruth Brauer-Kvam inszeniert Luziwuzi, eine Geschichte über den jüngsten Bruder Franz Josephs, ausschließlich mit Männern. Tom Neuwirth spielt Erzherzog Ludwig (oder auch mit Spitznamen Luziwuzi), passender könnte diese Besetzung nicht sein: Ludwig war bekannt für seine exzentrische Liebe zur Kunst, zur Mode und für seine Homosexualität als offenes Geheimnis seiner Zeit. Somit erschaffte er wohl - ähnlich, wie der Sänger mit Conchita Wurst – eine weibliche Kunstfigur, ein Alter Ego.
„Die Kaiserin bin ich“
Bereits in seiner Jugend sticht der jüngste Sohn der Prinzessin Sophie von Bayern heraus. Er kämpft um die Aufmerksamkeit seiner Mutter mit Liedeinlagen - statt ihr brav Gedichte vorzutragen, bricht er in Gesang aus. Die Beziehung zwischen jüngstem Sohn und Mutter erinnert an die von Kaiserin Elisabeth (Sisi) und ihrem Sohn Rudolph, wie dargestellt in dem Musical Elisabeth von Michael Kunze und Sylvester Levay. Nicht verwunderlich, denn der Zwiespalt der Mütter der kaiserlichen Familie zwischen Liebe zum Kind und den Pflichten der Etikette war sicherlich ein reales Problem. Kaiserin Sisi, als gute Tratschpartnerin mit fast bodenlangem Haar, die ihr Gesicht verdeckt und somit einer der lustigsten (aber auch ein wenig gruseligen) Erscheinungen auf der Bühne ist, taucht hier auch auf. Sie und Luziwuzi verstehen sich gut miteinander, solange das Lästern nicht zu weit geht und besonders nicht Sisi persönlich betrifft.
Wenn ich dein Spiegel wär…
Ein goldener Bilderrahmen wird Teil der wichtigsten Requisiten, Luziwuzi will das Schöne, die Kunst festhalten, denn es geht um seine Erinnerungen. Der Rahmen ist auch ein Spiegel, für das Publikum und für Ludwig, ein Blick in das Verlangen. Aber auch ein Blick in das Leben anderer, denn Ludwig hat eine Vorliebe für den neuesten Tratsch über die Habsburger, sowie das Weitererzählen der lustigsten und spannendsten Geschichten. Als jüngster Bruder mit den wenigsten Pflichten darf man wohl die Zeit irgendwie auch lustig verbringen. Die Aufführung lebt von der textlichen und musikalischen Darstellung von erkennbaren Charakterzügen und Eigenheiten der bekannten historischen Figuren, die das Publikum erheitern. Zwischen eigens für das Stück geschriebenen Lieder, singt Neuwirth ohne Vorwarnung „Ihr Bildnis ist bezaubernd schön“ aus der Zauberflöte, womit er das Publikum hörbar erfreute.
So schnell vergisst man nicht
„Such dir eine hygenische Frau“ lautet der Rat seiner Brüder und seiner Mutter, doch Frauen interessieren Luziwuzi nicht besonders. Er wird gezwungen mit den beiden älteren Brüder endlich Erfahrung mit einer Frau zu sammeln. Allen wird jedoch klar, dass Ludwig nicht unbedingt Frauen bevorzugt, und toleriert wird dies wohl auch von Franz Joseph, bis diese Angelegenheit durch einen Skandal in die Öffentlichkeit geriet. Ein Swimming Pool wird zum Schauplatz eines intimen Moments zwischen Luziwuzi und einem Mann. Die Hoffnung auf den Anfang seiner Selbstfindung und seines Glückes, doch was hinter geschlossenen Türen akzeptiert wird, ist in der Öffentlichkeit verboten. Ab diesem Zeitpunkt muss er verbannt werden und gelangt in eine Anstalt. Hier versucht er sich an seine Vergangenheit zu erinnern und sich an das Schöne zu klammern.
Ludwig hatte es nicht leicht als Habsburger, doch sein Leben und seine Außergewöhnlichkeit verdienen diese lustige und berührende Inszenierung. Wer die Aufführung mit wenig Vorwissen betritt – und wer hat schon im Geschichtsunterricht genauer oder überhaupt vom jüngsten Bruder des Kaisers gehört– dem wird eine Darstellung einer queeren Ikone dargeboten, welche nicht so schnell wieder in Vergessenheit gerät.