Bohema Magazin Wien

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Portugiesischer Sommerabschied

Die Fado Sängerin Ana Moura fegte mit portugiesisch inspirierter Musik durch den Großen Saal. Glücklich strahlende Musiker*innen und ein paar Tränen über den verlorenen Sommer.

19:40h im Großen Saal des Wiener Konzerthauses, es breitet sich ein unruhiges Rascheln aus – Konzertbeginn wäre ja immerhin 19:30 gewesen. Die ersten Fans beginnen zu klatschen und zu jubeln, um die sehnsüchtig erwartete Ana Moura mit Band auf die Bühne zu holen. Und die Ungeduld ist absolut verständlich, das Konzert musste wegen Covid dreimal verschoben werden. Aber am 20.09.2021 war es endlich so weit.

Ein leichtes Vibrato, das durch den ganzen Körper geht

Die Gitarristen Angelo Freire und Pedro Marreiros stimmten mit Ana Moura den ersten Song an und transportierten uns sofort nach Portugal. Mit ihrer kraftvollen Stimme kostet die Sängerin jeden Ton bis zum Schluss aus. Sie liefert eine Bandbreite an Stimmfarben, die ich live selten gehört habe. Die Stimme klingt in einem Moment voll und weich, im nächsten rauchig und fast kratzig um dann sofort wieder klar und hell zu strahlen. Durch das gleichmäßige Vibrato spürt man die einzelnen Töne im ganzen Körper.

Mit jedem weiteren Song tauchte eine weitere Musiker*in auf der Bühne auf, bis schlussendlich die volle Besetzung vor uns stand. So konnte man sich immer auf einen neuen Klang konzentrieren, die ersten paar Songs waren im Flug vorüber. Ana Moura verzichtete auf große Moderation und Geschichten, das störte aber in diesem Fall nicht. Die herzliche Atmosphäre, die die gesamte Band umgab, wurde ohne Worte vermittelt. Immer wieder konnte man beobachten, wie sich die Bandmitglieder gegenseitig anstrahlten und wie erfüllend das gemeinsame Musizieren für die Band ist.

Und ihr könnt mir glauben, unter unseren Masken haben wir im Publikum auch gestrahlt. Besonders bei dem Solo der portugiesischen Gitarre, gespielt von Angelo Freire. Diese besondere Gitarre klingt wahnsinnig gesanglich - „tugs at your heartstrings“ – und Freire sorgte mit seiner Virtuosität und Melodiegestaltung für einen zeitlosen Moment innerhalb des Konzertes. Ich war bestimmt nicht die einzige, bei der Tränen geflossen sind. Im Saal war es komplett ruhig. Kein Ruckeln, kein Husten, kein Rascheln. Stille im Publikum, die geballte Aufmerksamkeit bei dem melancholischen Duett von Gitarre und Gesang. Strategisch wurde die längere Gesangspause genützt und Ana Moura tauchte in einer neuen, glitzernden Robe auf. Die gesamte Inszenierung war märchenhaft.

Musikalisch gab es Songs von älteren Alben, sowie einige Neuheiten zu hören. Moura selbst sagt, mit ihrem neuen Album zu ihren Wurzeln Verbindung gesucht zu haben. Einflüsse aus dem Fado und Flamenco, gemischt mit angolanischen Klängen und elektronischen Sounds. Die Synths werden geschickt mit den betont natürlichen Klängen, durch die vorwiegend akustische Besetzung, verwoben und schaffen ein farbigeres Klangerlebnis, das den Raum größer und weiter wirken lässt - und wir waren immerhin im Wiener Konzerthaus.

Erst nach dem Konzert ist mir richtig bewusst geworden, dass ich kein einziges Wort, verstanden habe. Trotzdem habe ich Ana Moura jedes Wort abgekauft und konnte mir meine eigenen Bilder zu jedem Song schaffen. Vielmehr war es eigentlich eine Reise, inspiriert durch die Klänge dieser außerordentlichen Musiker*innen. So hat sich dieses Konzert für mich angefühlt. Raschelnde Blätter an lauen Sommerabenden, heiße, durchtanzte Sommernächte und ein paar Tränen zum Abschied des Sommers.