Neues aus der Wiener Performance-Kunst

Die Huggy Bears 2021 geben Einblick in ihr performatives Tun: Künstlerisch vielfältig reichen die diesjährigen Performances von feministisch angehauchtem Tanz bis hin zu Live-Therapiestunden.

PUC-Collective in Action /// Judith Stehlik, WUK (c)

PUC-Collective in Action /// Judith Stehlik, WUK (c)

Raum zum Wachsen und Gedeihen – genau das wird den Sprösslingen der Performance-Kunst mit dem Huggy Bears Mentoring Programm geboten. Ausgewählt von einer Fachjury, erfahren die teilnehmenden Künstler*innen ein Jahr lang umfangreiche Unterstützung beim Realisieren ihrer performativen Projekte. Von der dramaturgischen Beratung bis hin zur Hilfe bei technischen Fragen – die Teilnehmenden werden wohlbehütet im kreativen Schaffensprozess begleitet. Ein fixer Proberaum ist ebenso Teil des Programms wie Showings und Feedback-Sessions. Vergangene Woche feierten die performativen Arbeiten der diesjährigen Huggy Bears Mentees im Rahmen der Saisoneröffnung von WUK Performing Arts ihre Premiere. Ein kleiner Einblick in die performative Nachwuchsszene Wiens.

Sag mir, was du denkst und ich sag dir, wer du bist

In ihrer Performance dissect | attach zerlegt Laura Stoll nicht nur das Obst, das sich vor ihr auf einem Tisch befindet, sondern auch die Freiwilligen, die sie zu sich bittet – nicht wortwörtlich natürlich, sondern auf einer psychologischen Ebene. Anhand von Fragebögen versucht sie, dem Wesen ihres Gegenübers auf den Grund zu gehen. Dabei entlarvt sie die Interaktion zwischen Forscher*in und Forschungssubjekt als performativen Akt und geht der Frage nach, wie wir uns als Menschen konzeptualisieren. Kann ein Fragebogen die Psyche eines Menschen erfassen? Wie kategorisieren wir andere und wie uns selbst? 

Tanzt, tanzt, sonst sind wir verloren!

Zwei der insgesamt vier gezeigten Produktionen sind Tanz-Performances. Freundschaft ist das Thema von Ballade, einer Performance des Kollektivs maria mercedes. Eindringlich starten die Performenden mit einer Choreografie, die das Einander-brauchen und Füreinander-dasein einer Freundschaft in eine innige Bewegungssprache übersetzt. Doch dann erfolgt plötzlich ein radikaler Bruch und die vorige Intensität der Musik und Bewegungen wird abgelöst durch eine poppige Tanz-Choreografie, unterstrichen von House Musik. Für mich erstickte dieser Einschnitt das restliche Potenzial der Performance zugegebenermaßen etwas im Keim. 

Das PUC-Collective bringt mit Dreamscraper eine weitere Tanz-Performance auf die Bühne. In einem Interview berichtet das Kollektiv, dass Feminität das zentrale Stichwort für diese Performance sei. Von klischeebehafteten feministischen Elementen hätten sie sich allerdings distanzieren wollen. Mit Dreamscraper ist dem Kollektiv eine intensive Performance gelungen, in der drei Tänzerinnen, eine Opernsängerin sowie zwei Musikerinnen einen Text der iranischen Autorin Forough Farrokhzad zu einem Spiel aus Intimität und Sensualität verdichten.

Weltschmerz per Rezept

Mein persönliches Highlight der diesjährigen Huggy Bears war Sessions with Frida. A performance on the possibilities of healing von der aus Mexiko stammenden Frida Robles. Die Zuschauenden werden zu Zeug*innen einer Psychotherapie-Session, die live auf der Bühne stattfindet. Ganz nach freudscher Manier ruht die Künstlerin Frida Robles auf einem Liegestuhl, während sie sich einem für dieses Projekt eigens engagierten Psychotherapeuten anvertraut. Ein Skript für diese Performance gab es nicht, Frida lässt die Worte einfach kommen und stellt somit ihre Gedanken und ihre eigene Verletzlichkeit zur Diskussion. Neben einer Bewunderung für das ausgezeichnete Stage Design sowie der Videoinstallation und der mittels Live-Elektronik kreierten Klangwelt lässt einen diese Performance mit einem Gefühl von Weltschmerz zurück, der darauf wartet, geheilt zu werden.

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