Der Mann mit dem Stardust

Schmäh führen wie kein anderer mit Lockdownvollbart - Trompeter Thomas Gansch über seine hollywoodesque erste Begegnung mit Wynton Marsalis, seine Silvestershow im Peter-Alexander-Stil und deutschen Hiphop.

Bring on the Schmäh!!! /// Maria Frodl (c)

Bring on the Schmäh!!! /// Maria Frodl (c)

Bohema: Hallo! Wie geht’s dir?

Thomas Gansch: Ja, mir geht’s eh gut! Müde! Aber ich bin immer müde!

B: Ja? Naja, ist ja auch gerade viel los bei dir! Auf Tour mit Mnozil Brass und bald im Konzerthaus mit Wynton Marsalis! Wie ist es wieder live zu spielen?

G: Live spielen ist super. Aber erst war ein Jahr lang gar nichts und jetzt auf einmal alles. Das ist eine kleine Herausforderung. Das konnte man nicht so planen und alle haben verzweifelt Konzerte verlegt und jetzt war’s plötzlich offen - dann kracht alles aufeinander. Es ist wie ein Auffahrunfall.

B: Naja der Bart ist ja noch da!

G: Noch…

B: Wann ist der Anlass zum Rasierer zu greifen?

G: Naja, ich hab gedacht, wenn alles wieder normal ist, aber ich weiß gar nicht, ob alles je wieder normal wird und ich weiß nicht, ob ich es aushalte, den Bart so lange nicht zu rasieren. Vielleicht lasse ich ihn ja zu Silvester auf der Bühne schneiden. Ich hab noch keinen konkreten Plan zur Bartabschneidung.

B: Während Corona warst du aber trotzdem auf der Bühne. Mit deinem Projekt GANSCH@HOME bist du über Livestream zu den Leuten gekommen. Wie war die Erfahrung?

G: Einerseits gut, weil ich eine Beschäftigung hatte. Und es gab auch wirklich viele Leute, denen das was bedeutet hat. Das war cool. Und natürlich haben wir auch Geld eingenommen. Das war sehr gut. Weil man muss ja auch irgendwas verdienen. Man wartet ja auch nicht gerne ab und nimmt irgendwelche Hilfen in Anspruch. Diese Passivität ist nicht jedermanns Sache. Ich habs einerseits sehr genossen, dass ich Zeit hab für die Familie und andererseits wollte ich aber was machen. Deswegen habe ich die Gansch@home-Konzerte gemacht.

Insgesamt waren da dann 50 Leute daran beteiligt, die dann auch alle bezahlt wurden.

Bin ich sehr stolz drauf. Außerdem konnte ich meine Projekte präsentieren - was auch gut war. Weil sonst war ich eh ständig nur im Hotel und auf Tour.

B: Etwas was du weiterführen wollen würdest?

G: Für Kameras spielen ist nicht das Gelbe vom Ei. Weil man gibt alles so wie bei einem Konzert und auch beim Spielen habe ich mir vorgestellt die sind jetzt alle da. Das hat alles funktioniert. Aber sobald es dann aus war, bin ich jedes Mal in so ein Loch reingefallen. Das ist nicht schön. Wenn nichts zurückkommt.

B: Oh ja! Steht man ganz alleine da…

G: Ja, deswegen habe ich die Bands immer größer gemacht. Dann hat man jedenfalls so eine psychische Herdenimmunität hergestellt.

B: Jetzt bald geht’s am 17.10. mit Wynton Marsalis auf die Bühne des Konzerthauses. Ihr habt ja schonmal zusammen gespielt.

G: Ja, ist schon das dritte Mal jetzt.

B: Wie kam es überhaupt zu der Zusammenarbeit?

G: Kurios! Wynton Marsalis ist wirklich ein ganz großes Vorbild - Wenn nicht das Größte. Erst einmal ist er der beste Trompetenspieler, den es gibt. Ich kenn keinen besseren. Es gibt viele, die sind wahnsinnig gut, aber er kann einfach alles. Der kann alle Stile spielen. Und das Gemeine an ihm ist, dass die Trompete das macht, was er will und nicht umgekehrt. Das ist einfach beneidenswert. Ich schau zu dem mein Leben lang schon auf. Habe ihn aber noch nie kennengelernt. Sonst kannte ich eigentlich alle.

Dann waren sie in Wien und ich hatte zufälligerweise ein paar Tage frei. Ich hab mir gedacht, ich geh jetzt hin, sag hallo und vielleicht bekomme ich ein Selfie mit ihm. Dann bin ich hier ins Konzerthaus - Die haben geprobt - ich hab mich hingesetzt. Dann haben die Trompeter zu mir gezeigt und mit ihm gesprochen. Er ist sofort aufgestanden, ist zu mir gekommen und hat sich vorgestellt und sagt: „Man! Man! I’m such a fan!“. Dann hat er irgendwie gesagt: „I would love, if you could sit in tonight!“ und ich hab nur gehört wie ich sag: „Yeah, sure!“

Ich hab meine Knie nicht mehr gespürt.

Das war eine Grenzerfahrung, alles sehr surreal. Dann ging ich zum Spielen…und das ging überhaupt nicht gut. Das war eigentlich schrecklich. Ich war furchtbar enttäuscht. Ich hab auch nicht mit ihm gespielt, sondern er hat mich eingeladen ein Solo mit der Band zu spielen und ich kannte das Stück nicht und die haben mich alle angeschaut und haben mir zugeschaut beim Spielen. Und ich hab da geschwitzt und einen Topfen zusammengespielt. Dann war ich so halb glücklich. Halb glücklich, dass ich eingeladen wurde mit der Band spielen zu können und halb enttäuscht, weil ich hätte ja so gerne gut gespielt und ich hätte so gerne mit ihm gespielt.

Dann hab ich mich bei der Hotelbar verabschiedet und gesagt ich geh jetzt. Und er hat gesagt: „Why don’t you come back tomorrow? We play something you know! Something like ‚Stardust‘“ Ich hab gesagt „Okay!“ Stardust ist zufällig mein Lieblingslied. Am nächsten Abend haben wir dann am Schluss nach seinem Konzert zu fünft eine Zugabe gespielt. Und dann hab ich wirklich mit ihm Stardust gespielt. Das war halt magisch.

Ein Jahr später haben sie mich dann eingeladen und bei 4-5 Stücken gefeatured. Das war dann schon entspannt und nett. Und jetzt machen wir ein Kinderkonzert zusammen. Die haben da ein fixes Programm - das heißt „Jazz for young people“ und ich werde da so ein bisschen mitspielen. Ein bisschen Schmäh führen. Ich freu mich darauf. Ich freue mich auch darauf den Wynton wiederzusehen.

B: Du bist öfters auf der Bühne des Konzerthauses.

G: Ich habe hier einen Schlafplatz im Haus…

B: Was bedeutet dieses Haus für dich?

G: Es ist ein Haus, das unheimlich viele Möglichkeiten bietet. Ich habe hier im Prinzip schon alles gespielt. Wir haben jetzt mal nachgerechnet und ich habe hier über die letzten 30 Jahre in Summe schon mehr als 70 Mal gespielt. Aber das begann eben mit irgendwelchen Walzer-Orchestern und irgendwelchen Orchester-Konzerten. Das Erste woran ich mich gut erinnere, ist das Millenniumskonzert 1996 im Großen Saal. Und dann 2003 zum ersten Mal unter eigenem Namen mit Gansch & Roses - das war Jazz. Dann hab ich im Vienna Art Orchester gespielt.

Nachher habe ich alle Projekte, die ich in den letzten 10 Jahren gemacht habe hier präsentiert. Das waren verschiedenste Stilrichtungen. Da kommen jetzt wieder neue dazu, worauf ich mich auch sehr freue.

Es ist eine große Spielwiese und das ist toll

B: Und was steht sonst noch im Konzerthaus an?

G: Es gibt eine Silvestershow. Es muss ja immer jemand im Konzerthaus zu Silvester spielen. Das ist wichtig, denn Silvester ist das Datum - da müssen alle feiern und ich reihe mich jetzt ein.

Und das mach ich nur ausnahmsweise fürs Konzerthaus, weil ich hab’ an Silvester Geburtstag

Und da gehe ich normalerweise nicht spielen. Die Gäste sind Willi Resetarits, Marianne Mendt, Sebastian Fuchsberger und Robert Reinagel. Und wir werden dort einfach Schmäh führen - abwechselnd ein paar Lieder singen und wir werden dabei von unserem großen Unterhaltungsorchester begleitet. Dieses Orchester besteht einerseits aus dem Salon-Orchester Alhambra plus dem Radio String Quartet Vienna - noch erweitert zu einem großen Streichersatz.

Wir werden versuchen so eine Mischung aus Peter Alexander Show und Seniorenclub und Samstag-Abend-Unterhaltung zu machen, wie sie früher war im Fernsehen. Wir werden auf der Bühne ein Wirtshaus aufbauen und da wird ein Kellner sein, da werden Barhocker sein. Wir werden Lieder singen, Schmäh führen und Musik machen. Es soll ein sehr schöner Abend werden.

B: Da muss ich ja dann auch kommen…

G: Ja, jetzt musst du ja schon zweimal kommen.

B: Dreimal. Wynton Marsalis teilt mit mir den Geburtstag - Da muss ich ja zu seinem Geburtstagskonzert kommen.

G: Wynton Marsalis wird 60. Ich werde ihn versuchen zu überraschen auf der Bühne - Wenn ich am 17. komme werde ich noch jemanden mitbringen. Mal schauen, ob sie mir das durchgehen lassen.

 

B: Dann kommen wir mal zu meiner letzten Frage: Ich gehe mal stark davon aus, dass du auch gerne Musik hörst?

G: Oh ja!

B: Welche Künstler*in hat dich denn in letzter Zeit begeistert?

G: Ich hab in letzter Zeit viel deutschen Hiphop gehört. Da hab ich mit 30 Jahren Verspätung begonnen mich dafür zu interessieren. Die Initialzündung war vor fünf Jahren Moop Mama - über die bin ich eingestiegen - und dann bin ich über meinen Sohn ziemlich reingekippt auf Käptn Peng. Und momentan bin ich schwer auf Deichkind und Großstadtgeflüster. Finde ich super. Die Großstadtgeflüster sprechen so ein Lebensgefühl aus - das kenn ich noch so von vor 15 Jahren. Ist eine wirklich tolle Band. Und sonst höre ich eigentlich alles.

Mittlerweile höre ich viel mehr Klassik als Jazz. Früher habe ich fast nur Jazz gehört. Ich liebe die russischen Komponisten des 20. Jahrhunderts. Besonders Prokofjew, Schostakowitsch, Strawinsky. Dann gibt’s alle paar Jahre eine Phase wo ich nur Beatles höre. Das kommt immer wieder zurück. Es ist zu viel. Gottseidank - durch die lange Musikgeschichte ist so viel gute Musik hängengeblieben. Das ist ein großes Glück.

B: Mega schön, dass wir reden konnten. Danke!

G: Ja bitte gerne!

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