Puppenpotpourri und Sonnenschein

H.C. Artmann, Haydn und Hedy Lamarr im Alsergrund - Spaziergang für die Figur ist ein gelungener Beitrag des Schuberttheaters zum sommerlichen Bühnenprogramm unter freiem Himmel.

Hedy Lamarr (Manuela Linshalm) schwirrt der Kopf (c) Barbara Pálffy / Schuberttheater

Hedy Lamarr (Manuela Linshalm) schwirrt der Kopf (c) Barbara Pálffy / Schuberttheater

Ein Samstagnachmittag im Juni, 26 Grad im Schatten. Im hübschen Innenhof vor dem Eingang des Schuberttheaters stehen kleine Menschengruppen beisammen, plaudern und nippen an ihren Weingläsern. Es ist ein wunderschöner Anblick und die rechte Einstimmung auf das, was kommt: Ein vergnüglicher Spaziergang (Regie: Simon Meusburger) durch eine der malerischsten Ecken Wiens, und zwar mit einigen Celebrities der besonderen Art: Beethoven, Hedy Lamarr, Joseph Haydn, H.C. Artmann und Würstlfachfrau Resi Resch – allesamt Puppen, versteht sich – geben ein Best-Off an Szenen ihrer Stücke wider. Letztgenannte kennen manche vielleicht aus den Videos, die das Schuberttheater während des ersten Lockdowns publiziert hatte; jetzt erlebt man Resi Resch in ihrem natürlichen Habitat, dem Würstelstand, und wird sogar von ihr verköstigt.

Es sind fünf Orte, fünf Figuren und fünf Geschichten, lose verknüpft durch einen charmanten Erzähler (Markus-Peter Gössler), der das Publikumsgrüppchen von Station zu Station geleitet, stets wachsam, damit ja niemand unterwegs verloren geht. Auf einer schattigen Parkbank treffen wir die alternde Hedy Lamarr (Manuela Linshalm), die aus dem Nähkästchen plaudert und einen Pelzmantel für ihren Hund hält. Als sie die dunkle Brille abnimmt funkeln ihre gläsernen Augen ein bisschen wahnsinnig im Sonnenlicht. Auch Joseph Haydn (Christoph Hackenberg) hat es sich bequem gemacht – ihn überraschen wir zwischen Rosensträuchern und Lavendel bei einem Nickerchen. Wortakrobat H.C. Artmann (Christoph Hackenberg) hat sich einen ebenso pittoresken wie urwienerischen Ort zum Verweilen ausgesucht: die berühmte Strudlhofstiege. Und noch ein weiterer Überraschungsgast findet sich hier an diesem Nachmittag ein…

Auch Passant*innen halten an und beobachten das Geschehen

Unterwegs zieht unsere kleine Gruppe mit dem auffälligen Guide die Blicke der Passant*innen auf sich. Es entstehen diese wunderbar reizvollen Momente, in denen sich die Realität des Alltags mit jener der Inszenierung überlagert, die nur im öffentlichen Raum möglich sind. An der Strudlhofstiege scheint sich das Publikum letztlich verdoppelt zu haben, so viele Flanierende haben Halt gemacht. Sei es, weil sie sich aus Höflichkeit nicht an der Szene vorbeidrängen wollen, wohl eher liegt es aber an der einnehmenden Show des „Don Quijote fon da schwoazzn dintn“, dessen Dada-Rap am Akkordeon (Jana Schulz) begleitet wird.

Erzähler und "Tour-Guide" Markus-Peter Gössler im Gespräch mit H.C. Artmann (Christoph Hackenberg) und Jana Schulz am Akkordeon (c) Barbara Pálffy / Schuberttheater

Erzähler und "Tour-Guide" Markus-Peter Gössler im Gespräch mit H.C. Artmann (Christoph Hackenberg) und Jana Schulz am Akkordeon (c) Barbara Pálffy / Schuberttheater

Sommertheater-Herz, was willst du mehr?

Nach etwa achtzig Minuten findet der Spaziergang sein Ende und das Publikum wird eingeladen, den Nachmittag bei einem weiteren Gläschen im kühlen Hof des Theaters ausklingen zu lassen – weit ist’s ja nicht.
Ob mit anschließendem G’spritzten oder ohne – in jedem Fall geht man nach dieser Aufführung beschwingt, geradezu leichtfüßig nach Hause. Weder den prominenten Puppen noch ihren kongenialen Spieler*innen verlangt es besondere Mühe ab, das Publikum in ihren Bann zu ziehen, denn das Schuberttheater hat die Symbiose zwischen diesen beiden perfektioniert und stellt dies ein weiteres Mal unter Beweis. Also: Sonnencreme und Hut einpacken und auf in den Alsergrund, zu einem Spaziergang, der nicht nur Frischluftfanatiker*innen unterhält.

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