Wo sich eine Tür schließt, öffnete sich eine andere

Sound of Metal - Mitreißendes Drama über die ewige Tragik von Musikern mit Hörverlust

Foto: Sound of metal, Caviar/IMDb

Foto: Sound of metal, Caviar/IMDb

Vorsicht: Einige Punkte in diesem Review enthalten Spoiler

Stellt euch vor, ihr seid Musiker. Musik ist eure Leidenschaft, eure erste Liebe, euer Lebensinhalt. Aber plötzlich, von einem Moment auf den anderen, verabschiedet sich euer Gehör. Klingt schrecklich? Ja, aber genau das ist das Grundgerüst für Sound of Metal. Ruben (Riz Ahmed) ist Drummer einer Metal-Band und das mit Leidenschaft. Gemeinsam mit seiner Freundin Lou (Olivia Cooke), ist er fast durchgängig auf Tour. Als Ruben fast beiläufig sein Gehör verliert, bricht für ihn eine Welt zusammen.

Ein Film, bei dem auf den ersten Blick viel schiefgehen kann

Was weiß ein Hollywoodschauspieler schon darüber, wie es ist sein Gehör zu verlieren. Der Vorwurf sich an einem Thema zu bedienen, von dem man eigentlich keine Ahnung hat und das nur aufgegriffen wird, weil es das Publikum emotionalisiert, liegt nicht fern. Glücklicherweise sind hier vor und hinter der Kamera Leute am Werk, die das Thema ernst genommen haben. In einem Interview mit IMDb, erzählte Riz Ahmed, dass dem Film 6 Monate an Vorbereitungen vorausgingen, in denen er nicht nur Schlagzeugspielen, sondern auch Zeichensprache erlernte. Außerdem hatte er einige Zeit Kontakt mit der „Deaf-Community“ und hat sich mit ihnen über ihre Erlebnisse und Erfahrungen ausgetauscht. Diese Vorbereitungen spiegeln sich in seinem Spiel eindrücklich wider. Als Ruben sein Gehör verliert, schnürt es einem als Zuschauer die Kehle zu. Liegt vor allem am überzeugenden Schauspiel von Ahmed, aber auch an dem cleveren Sound-editing des Filmes.

Hervorzuheben ist auch, dass zwei Schauspielerinnen tatsächlich taub sind. Einerseits die Lehrerin Diane (Lauren Ridloff), andererseits Jenn (Chelsea Lea), mit der sich Ruben während seines Aufenthalts im Rehazentrum anfreundet.

Authentisches Erlebnis dank schlauer Jonglage mit drei Tonspuren

Der Film besteht aus 3 Haupttonspuren, die sich immer wieder abwechseln. Anfangs hören wir die „normale“ Tonspur, mit allen Umgebungsgeräuschen und Gesprächen. Gemeinsam mit Ruben wird plötzlich auch der Zuschauer Taub, der Ton verstummt. Regisseur Marder wechselt im Laufe des Films immer wieder geschickt zwischen den beiden Tonspuren. Das führt dem Zuschauer nochmals sehr eindrücklich vor Augen, was es bedeutet, sein Gehör zu verlieren.

So sehen wir am Anfang des Films einen Kameraschwank durch den Wohnwagen von Ruben und Lou, mit Close-ups auf die Kaffeemaschine und andere Geräte, in denen wir nur die Geräusche dieser Geräte hören. Nach seinem Hörverlust sehen wir dieselben Shots nochmal, nur ohne Sound. In anderen Passagen bleiben wir durchgehend in der stummen Tonspur und die Schauspieler verständigen sich nur in Zeichensprache miteinander; für den Zuschauer sind diese Teile untertitelt. Gegen Ende des Films lernen wir noch eine dritte Tonspur kennen. Als sich Ruben ein Implantat einsetzen lässt, um sein Gehör wieder zu erlangen, muss er feststellen, dass dieses „Gehör“ nicht mit seinem alten Gehör zu vergleichen ist. Auch dafür wurde eine eigene Tonspur entwickelt. Mader erzählt im Interview, dass er schon vor beginn der Dreharbeiten mit einem Soundeditor ins Gespräch kam darüber, wie man den Sound in dem Film am besten umsetzen könnte. Diese Vorarbeit hat sich eindeutig ausgezahlt.

Sound of Metal schafft, was nur wenige Massenfilme aus Hollywood schaffen: er bleibt dir im Kopf, begleitet dich einige Tage. Er entführt seine Zuschauer in die stumme Welt der Gehörlosen und schreibt ein weiteres Kapitel der tragischen Geschichte von Musikern, die taub werden. Spätestens seit Beethoven nichts neues aber immer wieder aufwühlend.

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