Wien wird zum Rotlichtviertel

Bald verwandelt sich Wien für zehn Tage in eine Hochburg für zeitgenössische analoge Fotografie– im Gespräch mit den kreativen Köpfen hinter dem Rotlicht Festival.

Bubbles /// Luisa Hübner (c)

Bubbles /// Luisa Hübner (c)

Rotlicht Festival

30.September – 9.Oktober 2021 

Im Hinterraum des Cafés Coffee & Beard in der Zieglergasse befindet sich die Fotogalerie Photon, in welcher mich Dino Rekanović, Founder des Festivals, empfängt. Wir gehen hinunter ins Souterrain, in welchem das Fotostudio von Foto Workshop Wien liegt, wo mich Dinos Hündin Mathilda begrüßt.

Kameras, Fotos, eine Dunkelkammer, Plakate und Kataloge, noch eingepackte Arbeiten von auf dem Festival vertretenen Fotograf*innen, eine aus 400 kg Beton gegossene Wanne zum Entwickeln, welche sich Dino neu hat anfertigen lassen, Kühlschränke voller Filmrollen – man merkt schnell, dass hier Fotografie in vollen Zügen gelebt und zelebriert wird.

Das Gespräch führe ich mit Dino Rekanović und Kati Bruder, der Programmdirektorin.

Ein Festival, tausend Aufgaben

Das Festival findet zum ersten Mal statt und dementsprechend sind die Aufregung und Vorfreude im Team groß. Dino erzählt mir, dass die Idee für solch ein Event schon seit vielen Jahren in seinem Kopf herumschwirre, sich die richtigen Impulse aber jetzt erst ergeben hätten. Auch war das Festival eigentlich in einem kleineren Rahmen angelegt, aber der große Anklang und die allgemeine Motivation sorgten dafür, dass das Festival nun mit seinen über 35 Standorten, über 60 internationalen Kreativen, 15 Workshops und knapp 40 Ausstellungen aufwartet und sich hoffentlich als jährliches Event etablieren kann.

Bei solch einem Mammut-Projekt ist ein gutes Team immens wichtig. Sie hätten auf ein demokratisches Konzept gebaut, erzählen sie mir. Entscheidungen würden dabei zwar langwieriger sein, aber dafür kann jede*r sich einbringen, es kommen meist kreativere Lösungen heraus und Erfolge könnten gemeinsam gefeiert werden. Die beiden berichten mir vom Prozess der Ideenfindung und Planung. Es ergäben sich stets viele Herausforderungen, aber auch mindestens genauso viele Möglichkeiten. Man lernt viele neue und inspirierende Menschen kennen, lernt dazu, vernetzt sich. Ein Dominoeffekt voller Chancen, Kreativität und lieber Menschen.

Ist das Bild `was geworden?

Kati erzählt, dass sie es an Dino bewundere, wie ruhig er reagiere, wenn sich ein Problem ergibt oder jemandem ein Fehler unterläuft und wir unterhalten uns etwas über Fehlerkultur und dass es menschlich und wichtig ist, Fehler zu machen.

Hier ist der Sprung zur Analogfotografie für uns nicht weit, da in dieser auch ständig (mitunter gute) Fehler unterlaufen. Wir sind uns einig, dass analoge Fotografie ein wunderschönes Handwerk und auch eine Kunstform sei, welche seit der Erfindung der Fotografie ein spannendes Verhältnis zur Malerei hat.

Ich frage, wie die beiden das Wiederaufleben der Analogfotografie in den letzten Jahren beobachten, und sie sehen dies sehr positiv. Begründen würden sie dies damit, dass die Analogfotografie ein Gegengewicht zur Flut an digitalen Bildern darstellt, der Individualisierung in die Hände spielt, etwas Entschleunigendes und Besonderes an sich hat und zu guter Letzt der Aspekt der Ästhetik viel dazu beiträgt, dass nun wieder mehr Menschen Filmrollen neben dem Marmeladenglas im Kühlschrank stehen haben.

Raum für jede*n

An dieser Stelle zeigt mir Dino stolz einige seiner Arbeiten, welche mithilfe verschiedener Techniken entstanden sind, wie zum Beispiel der Wet Plate Collodion-Technik, zu welcher auch ein Workshop angeboten wird.

Allgemein ist es die Vision des Festivals, einen internationalen Diskurs zu schaffen, mit Expertise Wissen über das Handwerk zu schaffen und Begeisterung und Interesse zu wecken; dabei ist es egal, ob man Laie, Hobbyfotograf oder Profi ist – es soll ein Ort für alle Menschen sein.

Ausstellungen, Talks, Workshops, Walks und vieles mehr – das alles erwartet euch beim Rotlicht!

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