„Wir sind die junge Generation”

inn.wien ensemble: Das neue Projekt von Musikstudierenden verkündet nach dem pandemiebedingten Kultur-Stopp erste Konzerttermine – weil Stillstand nun wirklich keine Option ist.

Foto: Simeon Matlack

Foto: Simeon Matlack

Wenn ich zurückdenke an den Musikunterricht in meiner Schulzeit, dann waren Referate über Lady Gaga und Justin Bieber weitaus gefragter, als Geschichtliches über Mozart und Co. Klassische Musik wurde häufig als eine längst überholte Musikform abgetan, die von Pop-Rhythmen und hartem Rapsound gnadenlos überrollt worden war. Dass die Klassik aber ganz und gar nicht verstaubt ist und aktive Newcomer braucht, das will das neugegründete inn.wien ensemble jetzt zeigen.

Jung und flexibel

Mit 11 bis 18 Streicher*innen ist das junge Ensemble eine variable Formation ohne Dirigent*in, die sich an einem großen Repertoire quer durch die Epochen bedient. Diese Flexibilität bei der Wahl der Stücke und der Anzahl der Spieler*innen sei für das inn.wien ensemble wichtig, betonen seine Gründerinnen und Leiterinnen Sophie Trobos (23) und Rahel Rupprechter (22). Die beiden Musikstudentinnen aus Wien haben mit der Gründung des Ensembles im November 2020 ein Herzensprojekt geschaffen, das nach der coronabedingten Cancel-Culture der letzten Monate auf die Bühne drängt.

Gemeinsam mit Studienkolleg*innen der Musikuniversitäten in Wien und Innsbruck haben die jungen Frauen ein Streichensemble ins Leben gerufen, das authentisch und energiereich große Literatur und Kammermusik interpretieren will. „inn.wien“ ist dabei eine Anspielung auf die beiden Universitätsstädte und hat auch einen privaten Hintergrund: Die Geigerin Sophie und die Cellistin Rahel stammen beide aus dem eigentlichen Blasmusik-Mekka Tirol, wo ihre musikalische Laufbahn an der Musikschule im knapp 5000-Seelen-Ort Kramsach begann. Bevor es sie gemeinsam an das Musikgymnasium in Innsbruck und später in die Kulturhauptstadt Wien verschlug, wo sie heute an der MDW ihre Instrumente auf Konzertfach studieren.

Große Biere und Konzerte

„Uns verbindet die Liebe zur Musik, aber auch eine langgewachsene Freundschaft“, sagt Sophie, die als Konzertmeisterin auftritt. Für das professionelle Zusammenspiel des Ensembles seien die persönlichen Verbindungen zwischen allen Musiker*innen beinahe gleich wichtig wie die fundierte musikalische Ausbildung, meint Rahel. Musiziert wird unter gleichaltrigen Kolleg*innen, die längst zu Freund*innen geworden sind. Als Teambuilding-Event dürfte da wohl auch die ein oder andere durchgemachte Nacht in einer der Wiener Kneipen gezählt haben, würden Insider hier ergänzen. Abseits der Bühne im Bereich der Video- und Audioaufnahmen, des Grafikdesigns oder der Pressearbeit wird ebenso mehr mit engagierten jungen Leuten zusammengearbeitet als mit etablierten Agenturen.

Die Formation musste mehrmals geplante Debüt-Konzerte verschieben und schließlich absagen. Doch das Team rund um die Leiterinnen schöpfte auch Kraft aus der Krise in der Musikbranche: „Wir sind die junge Generation der Musikwelt, unsere Zukunft beginnt noch heute“, stellt Sophie fest, für die Perspektivenlosigkeit nie eine Option war. Der Zuspruch über Social Media gibt dem Team offenbar recht: „Der Support für unser junges Projekt ist überwältigend. An die 500 Menschen folgen dem inn.wien ensemble bereits vor dem ersten Konzert auf Social Media. Jetzt wollen wir endlich auf die Bühne!“, verrät Rahel. Und die Bühne rückt näher – gleich drei Konzerte stehen in den nächsten Wochen am Programm.

Im Juli spielt das inn.wien ensemble in 18-köpfiger Besetzung sein Konzertdebüt. An drei Open-Air-Locations in Tirol und Kärnten wird ein bunt zusammengestelltes Sommerprogramm mit Werken von Mendelssohn bis Piazzolla vorgestellt. Der Titel der Konzertserie: „inn.wien / out.door“. Konzertabende in Wien sind für den Herbst 2021 angedacht.

  • 16. Juli 2021: Innsbrucker Promenadenkonzerte (Tickets) 19.00 Uhr + 20.30 Uhr

  • 17. Juli 2021: Krumpendorfer Kultursommer, Waldarena (Tickets an der Abendkassa) 20.30 Uhr

  • 18. Juli 2021: Kufstein Festung (Tickets an der Abendkassa) 18.30 Uhr

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