Die Ausgrabung

Britisch-subtile Gefühle und ewigaktuelle philosophische Fragen - Melancholische Zeitreise in die 1930-er mit Ralph Fiennes und Carey Mulligan.

Foto: The Dig, Netflix Inc./IMDb

Foto: The Dig, Netflix Inc./IMDb

Edith Pretty (Carey Mulligan) wittert etwas unter den Hügeln ihres Landbesitzes und beauftragt den Ausgräber Basil Brown (Ralph Fiennes) damit, ihrer Vermutung nachzugehen. Neben einem anglosächsischen Schiffsgrab gelangt auch Herzschmerz und ganz viel Melancholie mit an die Oberfläche.

Sanfte Hintergrundmusik kombiniert mit weiten Landschaftsaufnahmen leiten das britisch-US-amerikanische Drama von Regisseur Simon Stone ein. Es folgt eine Erzählung basierend auf wahrer Begebenheit: Die Entdeckung eines anglosächsischen Schiffsgrab aus dem 7. Jahrhundert in "Sutton Hoo". Am Anfang der Grabungsarbeiten steht ein Schockmoment: Basil wird von den Erdmassen des Hügels verschüttet und erlebt den Nahtod. Der Unfall führt zu einem tiefen Vertrauensverhältnis zwischen ihm und der Landbesitzerin. Das Publikum wird dazu verleitet, dies für den Beginn einer romantischen Beziehung zu halten - so banal geht es in dem Film aber nicht zu.

"Am I doing the right thing? It's someone's grave." - "No, that's life what's revealed. And that's why we dig"

Der Film greift eine Reihe von Themen auf. Edith und Basil kommen aus verschiedenen Welten. Auf den unterschiedlichen gesellschaftlichen Stand der Hauptcharaktere wird häufig hingewiesen: Edith im Bett, Basil am Boden. Edith auf dem Liegestuhl, Basil beim Graben. Die Beiden verbindet trotzdem ein tiefes Vertrauensverhältnis - dem gegenseitiger Respekt, Anerkennung und eine gemeinsame Leidenschaft zu Grunde liegt.

Durch authentische Darstellung, Kostümierung und mittels authentisch-britischer Akzente begibt man sich in ein England kurz vor Ausbruch des zweiten Weltkriegs. Andeutungen darauf finden sich vermehrt im Laufe der Handlung - Kampfjets am Himmel stören die Idylle und aufbäumende Unruhen machen sich bemerkbar.

"We die and we decay, we don't live on"

Die Flüchtigkeit des Lebens - das Zitat von Edith fasst die Aussage des Films gut zusammen. Die Verfilmung berührt auf alle Fälle - auch dank eines geschickten Kameraeinsatzes. Das Publikum verfolgt entweder intim mittels "hand-held" Kameraführung die Entwicklungen der Charaktere, oder beobachtet die Abläufe aus der Ferne durch statische Aufnahmen. Bei gewissen Szenen wird das Geschehen im 180 Grad Winkel von oben herab festgehalten: Basil gräbt sich zum Schiff durch, Edith geht vom Friedhof - Vergänglichkeit als Leitmotiv. Vor allem Carey Mulligan überzeugt in ihrer Rolle als verletzliche, aber selbstbestimmte Edith Pretty.

Foto: The Dig, Netflix Inc./IMDb

Foto: The Dig, Netflix Inc./IMDb

Die Thematik des Films trifft den Zeitgeist. Pandemiezeiten entzünden mehr denn je Grübeleien rund um Leben und Tod. Der am 29. Jänner 2021 auf Netflix erschienene Film mit dem Originaltitel The Dig würde sich auf großer Kinoleinwand eindeutig viel besser machen als auf dem Laptop - wirkt aber auch so stark.

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