Eine Legende wurde 60
Tributes, Happy-Birthday-Solo und eine Ehrenmitgliedschaft - Am 16. Oktober feierte Wynton Marsalis mit seinem Jazz at Lincoln Center Orchestra seinen 60. Geburtstag im prächtigen Konzerthaus.
Marsalis ist eine Legende an der Jazz-Trompete, der in seinen Anfängen mit Danny Barker und später mit Art Blakey and „the jazz messengers“ spielte und somit die traditionelle Form des Jazz zu lieben lernte. Seit 1991 ist er der Leiter von wohl den 15 besten Solisten, die den Jazz in der Lunge haben - vom Jazz at Lincoln Center Orchestra.
Vor Beginn der Veranstaltung wurde Marsalis zum neusten Ehrenmitglied des Wiener Konzerthauses gekürt. Den Verein gibt es nun schon seit 109 Jahren und über diese Zeit haben sich 11.000 Mitglieder gefunden - das erste Ehrenmitglied in der Runde war Richard Strauß.
„Wynton, it’s time“
Die Musiker, chic in schwarzen Anzügen gekleidet, betraten die prachtvolle Bühne und was nun geboten wurde, war Big Band Musik vom Feinsten. Es war verrückt, das JLCO und Marsalis plötzlich vor sich zu haben - als Jazz-Musiker*in schaut man zu diesen Leuten auf. Gleich in der ersten Nummer spielte Marsalis ein langes Solo und ich muss Thomas Gansch wirklich zustimmen: In meinem Bohema-Interview meinte er über den Star-Trompeter: „Das Gemeine an ihm ist, dass die Trompete das macht, was er will und nicht umgekehrt“. Der Trompetensound flog über die Töne wie Butter.
Die ganze Band war fantastisch! Besser geht’s nicht. Durch diese Selbstverständlichkeit konnte man sich voll und ganz auf den Sound einlassen. Die Musik begann und schon fing man an zu träumen. Klingt kitschig und darf es auch selbstbewusst sein. Die Töne malten Bilder. Und das auch intentional: Bei Monkey Man’s March erschufen die Musiker durch Rhythmus und tiefe Klänge eine Horde voller Affen – Es gab ein Streitgespräch zwischen Saxofon und Posaune - und in A Nightingale zwitscherte eine Nachtigall.
Besonders schön fand ich zu sehen, wenn Marsalis mal die Trompete senkte, ich klar in seinem Gesichtsausdruck erkennen konnte, dass er die Musik selber sehr genoss. Hier und da gab es ein Schmunzeln und manchmal schloss er die Augen, um sich auf den Sound zu konzentrieren. Ich tat es ihm gleich.
Das Konzert setzte sich aus einer großen Varieté aus Songs zusammen. Ein sehr schönes Stück auf dem Bariton Sax, in Gedanken an den 2016 verstorbenen Saxofonisten der Band, Joe Temperley, erfüllte den großen Saal. Besonderen Anklang, bei mir sowie bei den anderen Gästen, fand das Solo-Stück am Klavier gespielt von Dan Nimmer. Es war ein wirklich schöner Ruhepol unter den sonst aufregenden und bunten Big-Band-Nummern.
Die letzte Nummer war gespielt und plötzlich erschien eine sprühende Wunderkerze und die Band fing an „Happy Birthday“ mit einem phänomenalen Marsalis-Solo zu spielen.
Elektrisierender Höhepunkt zum Schluss
Aber das, was mir persönlich am allerbesten gefallen hat, kam am Ende: die Zugabe! Nach einer Standing Ovation kamen Wynton mit der Rhytm-Section und Walter Blanding am Saxofon auf die Bühne und spielten einen Jazz-Standard und luden uns somit zu einer waschechten Jam-Session ein. Die Musiker waren freier als zuvor und der Verlauf des Stückes mehr dem Zufall überlassen - da sprühten die Funken.