Geschichten, die das Leben schreibt

Anna Mabo fegte mit Sarkasmus, Witz und Leidenschaft über die Bühne im Schauspielhaus Hotel.

Anna Mabo /// Thomas Schrenk (c)

Ich habe vor dem Konzert nur wenige Songs von Anna Mabo gekannt und bin relativ unvoreingenommen in diesen Konzertabend gestartet. Bereits nach dem ersten Song war klar: auf den Text achten! Anna Mabo baut in ihren Songs regelmäßig Plottwists ein, die den kompletten Verlauf des Songs ändern können. Die dazu führen, dass man bisher Gehörtes aus einem neuen Winkel betrachtet.

Achtung vor den Plottwists

Beim Konzert sorgten diese überraschenden Wendungen für einige Lacher im Publikum. Durch Annas Art, die Musik vorzutragen, war es ein Leichtes dem Text zu folgen. Sie lebte die Erzählung voll aus und scheute nicht davor zurück, durch Mimik und Gestik das Gesungene zu unterstreichen. Damit auch alle, bis in die letzte Reihe, wirklich verstehen, was gemeint ist.

Und worum geht es? Leben, Alltag, Probleme, Fantasiegeschichten. Anna schreibt über Themen, die uns alle betreffen und verpackt diese in Anekdoten, Metaphern und Wortspiele. Alles mit einem kleinen Augenzwinkern und einer Prise Ironie und Sarkasmus. Auch die ernsten Themen.

Das Schauspielhaus Hotel in der Porzellangasse hat sich als perfekter Raum für mein erstes Anna-Mabo-Konzert herausgestellt. Diese von außen unscheinbare Location birgt im Inneren ein besonderes Konzept. Für fünf Monate wird das Schauspielhaus Hotel zu einem Ort, an dem Hotel und Kultur-Raum eins werden.

Lust, mal im Theater zu schlafen?

Am Wochenende können Interessierte über Nacht bleiben, wobei die stattfindenden Veranstaltungen Teil des Packages sind. Gastronomie, Hotellerie und Kunst treffen also direkt aufeinander. Der auf den ersten Blick konventionell wirkende Saal wurde durch Holzpodeste mit Sitzmöglichkeit aufgepimpt. Diese unübliche Anordnung sorgte für eine entspannte Stimmung im Publikum.

Diese lockere Atmosphäre ist, neben dem Schauspielhaus Hotel, der Kommunikation zwischen Anna und dem Cellisten Clemens Sainitzer auf der Bühne zuzuschreiben. Durch das freundschaftliche Austeilen kleiner Seitenhiebe und ungezwungene Gespräche zwischen den Songs hatte ich das Gefühl, Teil einer entspannten Wohnzimmersession zu sein.

Was ein Cello nicht alles kann…

Das Cello ist in diesem Duo keineswegs Begleitinstrument, viel mehr gleichberechtigter Partner. Clemens überzeugte mit fließenden Melodielinien, funktionierte das Cello kurzfristig zur Gitarre um oder fetzte mit Walkingbass und Beatbox-Elementen durch den Song. Der ganze Konzertabend wirkte durch diese vielen Wechsel lebendig und farbenfroh. Anna und Clemens überzeugten mich mit ihrem dynamischen Spiel und dem bewussten Einsatz von Pausen und Momenten der Stille. Oft wurde die Musik groß aufgebaut, das Duo steigerte sich immer mehr hinein, gab sich ungehemmt der Klangdusche von Cello, Gesang und Gitarre hin. Wenn ein scheinbares Maximum erreicht war, reduzieren Anna und Clemens schlagartig auf das Notwendigste und ließen nur kleine, flimmernde musikalische Elemente weiterleben.

Diese Umschwünge, Veränderungen und die durchdachte Instrumentierung, lassen große Liebe zum Detail und ein ausgeklügeltes Konzept hinter jedem Song vermuten. Dennoch hatte ich nie das Gefühl in einem durchgetakteten Konzert zu sitzen. Es wurde immer Raum für Improvisation und unerwartete Interaktionen mit dem Publikum gegeben, die das ganze Konzerterlebnis so nahbar gemacht haben.

Previous
Previous

The power of the dog – toxische Maskulinität im Spätwestern

Next
Next

Annette — Was bedeutet es wirklich, ein Star zu sein?