Something New, Something Old, Something Bold

Ist es Volksjazz? Ist es Rock? Ist es Klassik? Das Trio SMS lässt sich nicht in langweilige Kategorien zwängen. Hauptsache gute Musik. Auf geht’s in eine verrückte und verzerrte Traumwelt.

Das Trio SMS /// Martin Steiger (c)

Das Trio SMS wurde 2016 nach einer Probenphase für eine US-Tournee des Young Masters Ensembles Wien gegründet. Severin Neubauer am Saxofon, Maxim Tzekov an der Violine und Severin Hechwartner am Schlagwerk brechen auf dem Album Take It Easy Genrebezeichnungen und Grenzen auf und zeigen ihre Kreativität und ihren Mut zu Neuem:

„Der Arbeitsprozess ist sehr frei und kreativ, wir bewerten keine Ideen und probieren viel aus. Das finden wir sehr spannend, weil wir nie wissen, was dabei herauskommt.” 

Ihre neueste Veröffentlichung, das Musikvideo zum Song R.E.M., wurde von Sheephill Records produziert. Genau wie die Musik selbst ist das Video facettenreich und zeigt viele unterschiedliche Locations und Szenen. Gleich zu Beginn wird der Trend des Videos klar gezeigt: mit jedem gespielten Ton wird ein Bildschnitt gesetzt. Die zurückhaltende Geigenmelodie wandelt sich und entwickelt sich zu einem virtuosen Geigensolo. Parallel wird im Video wird der Standort gewechselt. Das zuerst undefinierbare Bild stellt sich als winterliche Waldlandschaft heraus. Zu sehen ist eine junge Frau, die scheinbar suchend durch den Wald streift. Immer wieder werden durch die Äste hindurch Aufnahmen von Maxim gezeigt, wie er im Wald stehend das Geigensolo spielt. Die Musik bauscht sich weiter auf, nimmt an Dissonanz und Lautstärke stetig zu, bis der vorübergehende Höhepunkt erreicht ist und die Geige auf einem hohen Ton stehen bleibt.

Lieblingsstelle mit Wieselburger

Mit dem Schlagzeugeinsatz geht ein abrupter Szenenwechsel einher. Wir finden uns in einem Pub wieder, von der sphärischen Stimmung im Wald fehlt jede Spur. Die Frau aus dem Wald sitzt nun an der Bar. Und hier beginnt meine persönliche Lieblingsstelle des Videos. Es wird unter Zeitraffer gezeigt, wie dir Frau ein Bier nach dem anderen trinkt, während die Geige absteigende Sololinien spielt. Dazwischen schieben sich verzerrte, rockige Bandparts, in denen die Frau scheinbar bewegungslos am Tisch sitzt. Während im Hintergrund der normale Barbetrieb, abermals unter Zeitraffer, abläuft. Die Spannung schraubt sich immer weiter nach oben, wenn der scheinbare Zenit erreicht ist, reißt die Musik plötzlich ab. Wieder wird eine neue Welt betreten. Die Frau spaziert durch das nächtliche Wien, während Sax und Geige das Stück beruhigen.  

Das Video endet, wie es begonnen hat. Ein Bildschnitt für jeden angeschlagenen Ton. Die Zuseher*innen werden zum Verlassen dieser Traumwelt eingeladen, das Bild wird langsam herausgezoomt. Die letzte Kameraeinstellung zeigt die junge Frau in ihrem Bett liegend. War alles nur ein Traum?

„R.E.M. bezeichnet die Schlafphase, in der wir träumen. Träume gibt es ganz verschiedene und oft ist alles möglich. Das Stück selbst gibt einiges her, wir hatten beim Spielen und Hören sehr viele Bilder im Kopf, die wir dann fürs Video als Ideen nehmen konnten.“

Einer meiner persönlichen Lieblingstracks des Albums Take It Easy ist Aleni Zvezdi, die Bearbeitung eines bulgarischen Volksliedes. Ähnlich wie R.E.M. ist auch Aleni Zvezdi abwechslungsreich und streift unterschiedlichste Genres. In einem Moment muss ich an Volksmusik aus dem östlichen Raum denken, dann wieder an Filmmusik und dazwischen an einen klassischen Streichersatz. Plötzlich dann doch eher an eine jazzige Rockcombo mit Pop-Elementen. Trotz der Sprünge in unterschiedliche Tonsprachen und Stile, schafft es das Trio SMS einen roten Faden durch die Musik zu ziehen. Viele kleine Teile, die auf den ersten Blick nicht zusammenpassen, schlussendlich aber ein stimmiges Gesamtbild ergeben.

Ein weiterer stimmungsvoller Track ist Sayyid Chand and Dance. Hier finde ich die Instrumentierung sehr spannend. Die Geige übernimmt anfänglich einen Orgelpunkt, während das Sax mit einem Solo einsetzt. Hintergrund der außergewöhnlichen Instrumentenwahl war wieder das Streben nach ungewöhnlichen Lösungen und Wegen:  

„Hier haben wir ein Werk des griechisch-armenischen Komponisten, Schriftstellers und Esoterikers Georges I. Gurdjeff als Vorlage genommen. Von diesem Stück gibt es zahlreiche Versionen mit traditionellen Instrumenten. Da haben wir versucht, das auf unseren Instrumenten umzusetzen.“

Inspiration aus Bulgarien

Der letzte Song, den ich euch vorstellen möchte, ist Katerino Mome, dem wieder ein bulgarisches Volkslied zugrunde liegt. Dieser Track ist einer der wenigen auf dem Album, der sofort mit einem fixen rhythmischen Pattern einsetzt. Dieses Stück und die scheinbare Leichtigkeit, mit der das Trio SMS die durchaus anspruchsvollen Parts ausführt, macht großen Spaß und Wunsch auf mehr. Wer das Trio live erleben möchte, kann sich gleich 2 Termine notieren: am 10.07.2022 findet ein Konzert am Sobieskiplatz in Wien statt und am 1.12.2022 das Debüt im Wiener Musikverein.

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