The Leipzig Years — Kapitel 4

Mit jedem Schritt ins Dunkle, mit jeder Zigarette, frisst die Wahrheit den Kern der Sterne und wir tanzen weiter wie Motten ums Licht. Emil Bodmers Roman Debüt “The Leipzig Years” jetzt Exklusiv jeden 2. Sonntag als Fortsetzungsroman bei Bohema.

  • Was bisher geschah: Der Ich-Erzähler und sein Freund Dirk verbringen ihre Tage in der Wohnung „Kutter“, einer Insel der Trägheit, in der sie sich ihren Ängsten und Selbstzweifeln hingeben. Während Dirk mit seiner Unfähigkeit, etwas zu erreichen, hadert, sucht der Ich-Erzähler nach einem Ausweg aus seiner Orientierungslosigkeit – doch die Erinnerungen an verpasste Chancen und die Leere in seiner Existenz lassen ihn nicht los.

    In den folgenden Gesprächen über Beziehungen, besonders über die unerfüllte Bindung des Ich-Erzählers zu Hanna, wird die Kluft zwischen Wunsch und Realität immer deutlicher. Auf Partys und in Begegnungen mit Bekannten wie Tom, einem heroinabhängigen Freund, spüren die beiden die Leere ihrer Welt, die von Drogen, Selbstflucht und Oberflächlichkeit geprägt ist.

    Rückblickend auf eine unbeschwerte Zeit am Seehaus kurz vor seinem 19. Geburtstag wird dem Ich-Erzähler schmerzhaft klar, wie sehr er die Geborgenheit der Vergangenheit vermisst – und wie wenig er sich in der chaotischen Gegenwart zurechtfindet.

VIER

 

‘’Ich versteh echt nicht, wie du dir eine Kippe nach der anderen reinziehen kannst. Ich hab so nen Saukater in der Fresse, wenn ich nur an rauchen denke, krieg ich nen Zusammenbruch.’’

‘’Jo, Emil, du verstehst das falsch, das ist das geilste, dieses eklig sein, sich echt durch fühlen nach der Katerkippe.’’

‘’Ich glaub, ich versteh das schon richtig. Du ätzender. Was geht eigentlich schon wieder bei Stan? Ist der immernoch bei Clara?’’

‘’Ja. Aber mir solls recht sein. Also nicht wegen Stan oder der Clara, natürlich nicht. Aber weißt du, was das Schlimmste daran ist, mit nem Pärchen zusammen zu wohnen? Nicht, dass es mich stören würde, die beim ficken zu hören, nene, was anderes ist viel schlimmer. Das Kichern. Wach mal verkatert auf, das Leid bricht über dich hinein, du erinnerst dich an den blamablen Auftritt des Vorabends und dann hörst du deinen besten Kumpel im Nebenzimmer mit seiner Freundin kichern. Immer sind die am Kichern, so viel haben Stan und ich in unserem Leben noch nicht zusammen gekichert. Ich weiß nicht, wie lange ich das noch verkrafte. Lust auf Nudeln mit Pesto?’’

Es ist immer schwierig, wenn ein enger Freund oder eine enge Freundin plötzlich in festen Händen ist. Eigentlich wärs sogar scheiße, aber irgendwo freut man sich ja auch mit der Person, deswegen ists nur schwierig. Dass die Person glücklich ist, das ist gut, dass sie ihren Lebensmittelpunkt jetzt um jemand anderen aufbaut, das ist schwer zu verkraften. Vor allem, wenn man so viel rumhängt, wie Stan und Dirk es getan haben. Nachher will der Stan wegen der Clara noch die Stadt verlassen, das ist riskant, ich weiß wovon ich spreche. Und ja, ich will Nudeln mit Pesto.

Während wir also unsere Pestonudeln essen, merk ich, irgendwas ist anders, irgendwas ist nicht mehr so wie gestern, ich glaub es ist Hoffnung, ja wahrscheinlich ist es Hoffnung, die langsam stirbt. Sie hängt an der Klippe, noch mit beiden Händen, aber sie hängt, ich blicke auf sie herab, würde gerne helfen aber bin schwach, kann mich nicht bücken, habs in den Knien, meine Gelenke schmerzen, ich hab sie zu lang gehalten. Warum kommt mir das jetzt, bei den Pestonudeln? Naja, eigentlich liegt die Sache auf der Hand. Ich habe mein Studium abgebrochen, nunja nicht abgebrochen, aber ich geh nicht mehr, ich bin Single, ich hab einen Kater, einen der mir nicht zwangsläufig sagt es ist Sonntag, es könnte auch Dienstag sein, oder Mittwoch oder Winter oder Sommer, oder 2018, es ist so wie immer eben, ich esse Pestonudeln weil wir nichts anderes im Haus haben, nein mein Kumpel Dirk hat nichts anderes im Haus, ich hab eh gar nichts, das ist ja schon trostlos und ich denke, wir werden uns später betrinken, weil warum auch nicht, bloß keine verfickte Leere aufkommen lassen.

Elena Debachinsky © /// Bohema

Es kommt wie erwartet, Dirk und ich trommeln die Gang, die dezimierte Gang, ein paar sind grad noch wach von gestern und nicht bereit sich erneut ins Getümmel zu schmeißen, ein paar haben ein funktionierendes Leben, sind deshalb nicht bereit, sich erneut ins Getümmel zu schmeißen, ein paar sind aber bereit, die trommeln wir zusammen, also sind wir Dirk, Salma, Finn, Tommi, Lou, Kaja ( Hannas kleine Schwester) und ich.

Wir sitzen im Kutter und spielen Trinkspiele, dumme Trinkspiele weil wir uns eigentlich nichts zu sagen haben, was denn auch, wir haben uns gestern gesehen, so viel kann nicht passiert sein, seitdem, außer dass Dirk und ich Nudeln gegessen habe, die anderen vielleicht Pizza, Salma hat wahrscheinlich ordentlich gegessen, sie kocht gerne. Hätten wir uns nicht gestern erst gesehen, dann gäbe es ein bisschen was zu reden, aber wir kennen uns, wir kennen uns alle so gut, seit Jahren, Tag ein Tag aus sind wir zusammen. Viele von uns studieren zusammen. Nicht in der Uni, nein sie studieren das Leben zusammen, wie hoch man fliegen kann, welche Drogen einen noch höher bringen als es normalerweise geht, welche Kater einem die Tiefen zeigen. Wo sind die Grenzen und wie durchbrechen wir sie? Das ist ein intensives Studium und da lernt man sich kennen, also wissen wir ja einiges, also reden wir nicht mehr über so viel, also spielen wir dumme Trinkspiele, hier im Kutter. Und während wir so spielen, da merke ich, wie glücklich ich bin hier zu sein, wie sich aber doch ein Schleier über alles legt, eine traurige Gewissheit, ganz hinten in meinem Kopf, dass alles endet, dass ich bald nicht mehr hier sein werde, ich merke, dass Tommi sehr blass geworden ist in den letzten Monaten, vielleicht wegen seiner neuen Haarfarbe, wasserstoffblond, ich merke, dass Lou sehr still ist, dass Kaja unglaubliche Augen hat. Augen mit denen sie Blicke verteilt, die wirken als würden sie SEHEN. Nicht so wie ich sehe, wenn ich aus dem Fenster sehe, sondern eher so als wären ihre Augen mit ihrem Gehirn verbunden, was sie ja sind, also eher als wären ihre Augen mit ihrer Seele verbunden, was pathetisch klingt, aber ich finde nunmal, ihre Blicke sehen so aus. Ich merke auch, dass Finn Salma immer wieder seine Liebe zeigt, sie aber komisch kühl wirkt, sie hat genug von ihm. Vielleicht, nach so vielen Jahren Beziehung, hat sie vielleicht genug von ihm. Es kommt mir so vor als wäre die Vorahnung des Endes  nicht nur ein Splitter in meinem Kopf, sondern dass sie öffentlich zugänglich wäre, für alle zu fassen, für den stillen Lou, den blassen Tommi, für eine bröckelnde und doch tiefe Liebe, natürlich für Kaja und natürlich auch für den Dirk, der die Sachen immer ahnt, weil er immer beobachtet, weil er klug ist und weiß, dass wir uns verlaufen haben, als Individuen, als Gruppe, als Stadt, als Subkultur, als Generation, als Welt, es wird enden, auf die eine Art oder auf die andere, aber der Schleier des Abschieds der liegt über uns, das ist an diesem Abend deutlich zu merken.

Wir hören auf mit den dummen Trinkspielen, der Alkohol zeigt uns dass wir doch ganz schön viel zu reden haben, Dirk erzählt Salma und Finn davon, dass Kanye West ein ganzes Album auf dem Iphone eingesungen hat und Salma findet es witzig, dass Dirk sowas weiß, Finn findet es interessant dass Kanye sowas macht, Tommi telefoniert mit Leuten deren Namen ich in dem Moment vergessen habe als er sie gesagt hat, weil die eine Party bei denen zuhause machen und ich sitz mit Lou und Kaja auf dem Sofa, wir rauchen Zigaretten und ich rede vom Urlaub, den ich machen möchte, also eigentlich wir, wir haben den Plan, uns Salmas Auto zu leihen und nach Italien zu fahren, der Lou, der Dirk, der Stan und Ich. Ich war seit zwei Jahren nicht mehr wirklich weg und ich glaub, es würde mir gut tun.

‘’Ich weiß nicht, ob die Karre uns über die Alpen bringt, ich geb der keine zwei Monate mehr.’’
Der Alkohol wirkt auch bei Lou und das freut mich. Das freut mich, weil ich mir Sorgen mache. Ich kenne ihn so gut, so lang, aber nicht so still. Irgendwas ist oder ich bilde mir ein, dass was ist, weil ich mir ja einen Schleier über allem einbilde oder da einer ist, einer der alles ein bisschen trister macht, aber irgendwie ja auch schöner, melancholischer, so wie eben jeder Abschied tatsächlich, ich bin schon über 18, doch gehe da mit Hermann Hesse, einen Zauber innehat. Nein, verdammt, Hesse meint jeden Anfang, jeder Anfag, der hat einen Zauber inne, aber kein Anfang ohne vorherigen Abschied, deswegen, mein dann eben ich, der hat ja wohl auch einen Zauber.

 Aber den Zauber, den merk ich jetzt gerade nicht bei Lou, also ist doch irgendwas, er ist so still, so ruhig, er redet und lacht so wenig, aber jetzt denkt er zumindest die Sache mit dem Auto, bei welcher er im Übrigen ja auch recht haben mag, aber ich bin trotzdem dafür. Nicht, dass wir viele andere Möglichkeiten hätten, wir haben kein Geld, um uns ein Auto zu mieten. Und mit dem Zug fahren, wenn man nicht genau weiß wohin? Das geht nicht.

Tommi kommt rein und ich bin geblendet, so bleich ist er, wir können auf die Party, aber Koks sollen wir mitnehmen  und ich will nicht holen gehen,  weil ich dafür keine Kohle hab und ich noch dazu den Ticker nicht kenne und nöcher dazu habe ich eine komische Einstellung Koks gegenüber. Ich habe mir früher einmal geschworen, das nie zu ziehen, aber wie es eben so kommt macht man vieles was man als Jugendlicher nie tun wollte und man schämt sich, es ist einem bitterlich peinlich aber das ist es eben, die Enttäuschungen sind der normale Pfad des Älterwerdens auf dem ich wandere.

Elena Debachinsky © /// Bohema

Aber ich wandere nicht zum Dealer, auch weil ich einfach zu faul bin obendrein. Dirk geht sowieso nicht, weil er hasst Koks und alle die Koksen, auch uns wenn wir es machen, Lou sagt gar nichts, Salma will nicht, also gehen Kaja, Finn und Tommi, wir treffen sie dann dort, auf der Party, in der Zweinaundorferstraße. 

Dirk läuft mit Salma ein paar Meter vor uns, ich gehe mit Lou und jetzt raus mit der Sprache.

‘’Digga, ich hab das Gefühl du bist heute nicht ganz so happy, kann das sein?’’

Lou und ich führen so ne Gespräche nie, Lou versucht immer zu vertuschen, dass er nicht happy ist. In seiner Welt ist immer alles in Ordnung, also nach außen hin, das ist seine Strategie. Wenn man mit niemandem über die Dinge spricht, die einen bedrücken, dann nehmen sie keinen großen Raum ein und umso weniger Raum sie einnehmen, desto weniger real sind sie. Das Leid in sich reinfressen ist immer ne scheiß Idee. Nur wer mal mit dem Gesicht im Dreck lag, der weiß, dass der Himmel keine Grenzen kennt.

Als ich ihn jetzt aber anspreche, reagiert er ganz ruhig, so als hätte er schon gewusst, dass ich ihn fragen werde.

‘’Ich weiß nicht, Mann. Irgendwie fühl ich mich nicht wohl. Also hier so.’’

‘’Was meinst du? Hier? Auf der Dresdner Straße? Heute Abend, mit uns? In Leipzig?’’

‘’Na, in Leipzig, Digga. Ich fühl mich nicht zuhause, ich freu mich nie, hierher zu kommen, also doch natürlich freu ich mich, euch zu sehen, aber so richtig Heimweh, in dem Sinne, hab ich nie nach Leipzig.’’

‘’Ja, ich versteh schon Mann. Also klar, so ne Fernbeziehung, die impliziert ja auch irgendwie, nicht so oft zuhause zu sein, zumindest viel unterwegs zu sein… Ich stell mir das dann schon schwierig vor, sich in ner neuen Stadt so richtig wohl zu fühlen. Wie lang biste hier? Zwei Jahre jetzt oder so, hm? Aber so aktiv, ja auch irgendwie nur eins…’’

‘’Ich weiß nicht, ob ich so oft bei Lia bin, weil ich es hier nicht mag, oder ob ich es hier nicht mag, weil ich so oft bei Lia bin. Letztens, da war ich in München, da bin ich Auto gefahren und musste einfach anhalten, heulen. Einfach so, ich weiß nicht mal genau warum.’’

‘’Ey, Mann, das tut mir leid, zu hören, mein Lieber. Wieso hast du nicht schon viel früher was zu mir gesagt? Du bist mein bester Freund, es kann doch nicht sein, dass du hier neben mir her lebst, tust als wäre alles super, aber eigentlich gehts dir dreckig?’’

Als Salma und Dirk uns zu sich rufen, weiß ich, dass es da jetzt erstmal war mit der Ehrlichkeit, mit der Maskenlosigkeit, mit den Gesprächen übers Unwohl fühlen, ohne dass ich sagen konnte, wie es mir geht, wobei ich nichtmal weiß, ob ich das gewollt hätte, das ist mir ja fast peinlich, irgendwie hasse ich die Stadt, aber vielleicht liegts auch nur an Hanna, ich bin so ein verkümmerter Looser, zum Glück hab ich nichts erwähnt und wir können Dirks Ruf: ‘’Schacht auf, ihr Völker dieser Erde!’’ nachgehen und uns Pfeffi in den geöffneten Mund kippen lassen.

Elena Debachinsky © /// Bohema

 Man redet im Suff so viel scheiße, aber nicht mehr als sonst, nur mehr auf einmal, man muss immer Pause machen weil man so viel trinkt und später dann, da kommt dann alles auf einmal raus, alles wird nur peinlicher weil es irgendwie ehrlicher wird und zu viel Ehrlichkeit die will doch eigentlich keiner hören. ''Hey, ich hatte mal einen Sextraum mit meiner Großtante und achja, nachdem ich meine Zehennägel geschnitten habe, da riech ich manchmal an denen.’’ Das ist scheiße, das interessiert keine Sau, ich versteh den Lou da schon, mit dem ganzen zurückhalten, dem Maskentragen und allem. 

Auf der Party ist dann allerdings recht wenig mit Scheiße labern, erstmal zumindest, fremden Personen gegenüber allemal. Hier ist niemand, niemand außer den drei Leuten die die Party schmeißen, die wir ja alle, wie schon gesagt, nicht kennen, Tommi schon, aber eben auch nur flüchtig und der ist noch gar nicht da. Unangenehm, weil wir nun hier sitzen, kaum reden, schon, aber nur untereinander, nicht miteinander und die wollen das Koks, nicht uns, das merkt man. Ich glaube, auch manche von uns sind dem Koks nicht abgeneigt, das kann ich auch niemanden verübeln, die Situation ist wirklich mehr als tragisch.

Salma dreht sich eine Zigarette nach der anderen, was auch mich und Lou dazu ermutigt eine Kippe nach der anderen zu rauchen, aber kompakte, Camel Blue, wir teilen uns eine Schachtel, weil wir zu arm sind uns zwei zu kaufen, wir mögen beide keine gedrehten, bis dann die eine Schachtel Camel Blue leer ist, dann ist egal was wir mögen, dann rauchen wir alles, auch gedrehte, ich hab aber immer Angst, dass irgendwelche dummen Kiffer da bisschen Gras in ihrem Tabak haben. Ich kann wirklich nicht mehr Kiffen, nicht mal mehr bisschen, ich krieg immer Angst, bin voll in meinem Kopf gefangen, sag gar nichts mehr und wenn doch, ist es ganz komischer Scheiß, das denk ich zumindest.

Zwischen jede Kippe packt Salma einen Gähner und einen Strecker, sie fühlt sich also unwohl, da Lou immer noch zu ruhig ist und Dirk sich als einziger mit den Gastgeber*innen unterhält, ‘’es geht nicht Partys zu machen, aber keine Eiswürfel zu haben, die Leute wollen schließlich ihren Gin Tonic kalt genießen’’, empfinde ich es als meine Aufgabe, Salma aufzumuntern.

‘’Schnell Salma, wenn du ein Architekturstil wärst, welcher wärst du?’’

‘’Och Duzi, denkst du, ich will heim oder wie? Alles gut! Und keine Ahnung was ist denn ein Stil, ist Hunderwasser ein Stil?’’

‘’Das war ein Typ.’’

‘’Ja na klar weiß ich, dass das ein Typ war, du Depp. Aber das was der macht, wie heißt der Stil?’’

‘’Salma, ich hab keine Ahnung. Vielleicht so Dadaismus oder so? Gibts das überhaupt in der Architektur? Oder würde dann alles zusammenbrechen, nicht mal halten, ja wahrscheinlich wäre es so, die könnten das gar nicht bauen. So hier kommt eine Säule hin und da drüben nehmen wir ein Autowrack, eine alte Ente oder sowas, der Regenschirm hier wäre perfekt da wo eigentlich die Tür hinkommen sollte. Das wäre Schwachsinn, also Dadaismus ist es recht sicher nicht.’’

‘’ Na wie auch immer, ich würde sagen, ich bin so wie Hundertwasser, also am ehesten. Ich bin kein Haus. Was wärst du?’’

Salma hat mich mir ihrer überraschenden Gegenfrage ausgekontert ich kenn mich nicht aus in Architektur, also nicht mehr als gewöhnlich, die klassischen Stile halt, allen voran die Klassik, nein Klassizismus, ich verwechsle das Wort immer mit Klassismus, das hat natürlich eine ganz andere Bedeutung, bestimmt habe ich dass schon in politischen Diskussionen durcheinander gebracht, ja ich erinnere mich sogar an einmal, mit Joshua im Peter K., der Kneipe bei Dirk um die Ecke, da meinte ich, dass es meiner Meinung nach eine große Überschneidungsfläche von Rassismus und Klassizismus gäbe, was ja an sich kompletter Blödsinn ist, wobei es ja vielleicht rassistische Architektur geben mag, das vermag ich nicht zu sagen. Ich verliere mich.

Na da ich eben nicht finde, ich sei Gotik, Romanik oder Barock und ich keine weiteren Stile kenne, bin ich mehr als froh, dass Tommi, Kaja und Finn in die Küche kommen, alle freuen sich sehr, bestimmt aber nur ich wegen der Architekturfrage. Finn setzt sich sofort neben Salma und startet mit dem liebkosen da wo er im Kutter aufgehört hat, jetzt aber noch intensiver, die haben schon gekokst, auch deswegen will ich nicht zum Dealer, da mit irgendwelchen fremden Menschen in der Wohnung und bestimmt einem Hund zu stressiger Musik konsumieren, nene ohne mich.

Tommi legt Bahnen für alle und alle ballern, Dirk nicht, ich schon, natürlich und jetzt laber ich doch mit den Fremden , die sind nicht mehr so fremd, der eine Typ heißt Malik und er weiß jetzt fast alles über mich oder eher nicht, ich hab ihm zwar alles erzählt, er mir aber gleichzeitig auch alles über sich und um ehrlich zu sein bin ich mir nicht mal mehr sicher ob er Malik heißt aber ich weiß, dass er gerne ballert, viel, mehr als ich es gewohnt bin, aber egal, ich zieh mit, hab Lust, seh über den Tisch hinweg, dass es Lou gut tut, mir also dann bestimmt auch.

Jetzt reden Dirk und ich, eher ich, zu Dirk geneigt, aufgestützt auf dem, mittlerweile von Bier überzogenen, Küchentisch, rede über meine Kunst, über Musik, warum David Bowie nochmal über allen anderen schwebt, nein Dylan, Dylan schwebt, aber der zählt ja gar nicht dazu, der ist ja eh mehr, oh man, oh man, ich hör zu wenig Frauen, ich bin so ein Klischee Typ, ich mag Janis Joplin, aber klar jeder mag Janis Joplin, jetzt etwas wie ‘’Tage, Tage, was sind schon Tage, Jahre, das gibts für mich grad nicht, verstehst du, ich bin so gefangen, gefangen in Konventionen, im Alltag!''  Was für ein scheiß Alltag? Hab ich doch überhaupt nicht. Ich verstehe schon, warum der Dirk Kokser hasst. Aber ich mags gerade, das Koks ist gut, mehr als gut. 

Elena Debachinsky © /// Bohema

So, genug schwadroniert, die große Tragödie des Abends, natürlich darf sie nicht fehlen. Alle gehen, verteilen sich in der Wohnung, immer weniger sind in der Küche.

‘’Kaja dein Blick, wie Saphire die von innen heraus leuchten, schon immer gedacht, oh wow wir lachen so viel zusammen!’’

Der Roman “The Leipzig Years” ist das geistige Eigentum von Nils Kaiser kaiser.nils1@web.de

Der Nächste Teil erscheint am 29 Dezember 2024

Lektorat Yannik Barth

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