Time after time
Palm Springs - Max Barbakows erster Langfilm begeistert mit Komik, Zeitloops und Anregung zum Philosophieren.
Der Film Palm Springs (Max Barbakow) hat sich gleich zweier mehr als aktueller Themen angenommen. Das erste ist augenscheinlich „Liebe in unserer schnellen und beziehungsgestörten Ära“. Das zweite ist das ewig aktuelle Motiv der Zeit.
Nicht nur die Montage erinnert stark an Groundhog Day (Harold Remis, alter Must-See), auch die Wahl der Musik - verbindet Reminiszenz mit Komik. Überraschend hochklassig, erwartet man doch eine klassisch-schnulzige Rom-Com, wenn man die Beschreibung des Films liest. Doch das dem Genre Klassische fehlt – zu meiner großen Freude. Dialoge, die bereits voraussehbar sind und hundertfach abgelutschte Standard-Szenen (man denke an Kussszenen im strömenden Regen) wurden hier ausgelassen. Kam der Spannung definitiv zugute.
Palm Springs konnte durch seinen 80er-Jahre-Flair, eine Zeitschleife und seine Charaktere ein Auf und Ab schaffen, das nur durch Romantik nicht erzeugt hätte werden können. Der Unterschied zu Groundhog Day, Looper (Rian Johnson) oder ähnlichen Zeitschleife-Filmen ist folgender: Palm Springs ist weder Komödie, Romanze noch Mind-Game-Movie, sondern all das zusammen. Dadurch, dass hinter dem philosophischen Aspekt des “Nutzens von Zeit” auch ein romantisch-komödiantischer steht, ist die Zuschauer*in nicht angestrengt, sondern eher erleichtert.
Bei Nyles (Andy Samberg) handelt es sich um einen klassischen Antihelden. Er vertreibt seine Zeit mit Trinkereien, verschiedensten Kurzromanzen und Herumalbern. Kein Wunder, er ist in einer Welt gefangen, in der sich jeder Tag wiederholt. Obwohl er sich schon gewissermaßen aufgegeben hat, schafft er es mit viel Humor, die Zuschauer*in weiterhin auf seiner Seite zu haben. Doch dann lernt er im Hotel, das ihn gewissermaßen festhält, jemanden kennen, Sarah (Cristin Milioti) heißt sein neuer Sidekick. Verglichen mit Nyles ist Sarah ihr eigenes Leben wichtig und sie möchte nicht daran glauben, dass alles so endet.
“You better cool it off before you burn it out”: Es ist ok, auch mal nicht ok zu sein
Durch diesen Riss im Loop wird Nyles eigentlich erst klar, dass es mehr gibt als das Nichts und dass nicht alles seiner Sinnlosigkeit erliegen wird. Der Plot des Films kann unter anderem als Metapher für die Angst davor verstanden werden, als Mensch kein Leben nach Plan zu führen und dadurch Zeit zu verschwenden. Besonders, weil wir ständig mit dem scheinbar so perfekten Leben unserer Mitmenschen konfrontiert werden (sei es über social media, Freund*innen, Familie, Dating), werden wir gewissermaßen gepusht, jeden Tag so zu leben, als handelte es sich um unseren letzten. Der Film zeigt, dass es ok ist, nicht ok zu sein, dass es ok ist, einmal aufzugeben.
Palm Springs zeigt durch die Schaffung eines Paralleluniversums und seinen verschiedenen Charakteren auf, dass der Mensch bereits in vielen aufeinanderfolgenden Paralleluniversen lebt und dass Zeitverschwendung relativ ist. Was das heißt? Du kennst doch auch Tage, Wochen, Monate, die sich wie ein Loop, eine Art Feststecken anfühlen. Natürlich gleicht kein Tag dem anderen, doch wenn ein gewisser Zyklus nicht durchbrochen wird, werden die Tage tragischer und sinnloser. Dieser Sinnlosigkeit jedoch zu entfliehen ist nicht das Ziel, da wir dadurch ein erneutes Mal vor etwas davonrennen. Das Ziel ist vielmehr, Herr*Frau der eigenen zur Verfügung stehenden Zeit zu werden. Der Fokus sollte auf das gerichtet werden, was so augenscheinlich im Moment passiert: Liebe, Freundschaft, die Sonne. Durch das Fragen des Warums allein geht schon sehr viel Zeit verloren und genau das, wovor so viele Menschen Angst haben, tritt ein. Was Nyles und Sarah verbindet, ist ihre Undankbarkeit. Sie konnten nicht erkennen, dass es nicht darum geht, aus jedem Tag das Beste zu machen oder der Liebe abzuschwören. Viel eher liegt es in der Hand eines*einer selbst das zu sehen, was bereits da ist.
Angst ist kontraproduktiv, just go for it!
Wir sind das Werk dessen, was wir in der Zeit sehen, die uns zur Verfügung gestellt wird. Dieser “Loop“, in dem sich Sarah und Nyles befinden, ist also nichts anderes als eine Zuschaustellung dessen, was sie in ihren jeweiligen Leben sehen: die Angst zu vergehen, die Angst vor alten Fehlern und neuen Herausforderungen. Sie schätzten nicht, was bereits da war. Deshalb war es so schön, dass der Aspekt der Liebe als etwas Lebendiges, aber auch Alltägliches dargestellt wurde: Freund*innen, Familie, Zeit mit liebgewonnenen Menschen verbringen ohne Angst zu haben, dass das Leben bereits vorbei ist – darum geht es, wenn man es zulässt. Im Endeffekt ist diese Angst kontraproduktiv, was auch zu einem mehr oder weniger offenen Ende des Films führt.