U3-Roadmovie: Grosze Klappe 8

Wie man wie auf Drogen durch die U-Bahn schwebt, grüne Freund*innen und Umwelt schont? Ryan Gosling is the answer.

Endstation KHM /// Aleksandra Timfeeva (c)

Roadmovies wären scheiße, Roadtrips erst recht, 18-Jährige hätten keinen Spaß das erste Mal allein in Mamas Ford: Autofahren ohne Musik ist eine traurige Angelegenheit. Oder eher: Musik plus Auto ist eine dieser magischen Symbiosen, die ach so viel mehr ist als die Komponenten alleine. Pedale drücken, Vorfahrt geben und am Ende irgendwo ankommen, geht so. Längst kaputtgehörte Lieblingssongs nochmal hören, muss auch nicht sein. Beides zusammen ergibt aber ein schwebendes, gleitendes Glücksgefühl, wofür du sonst im Darkweb oder in Amsterdam ziemlich tief in die Tasche greifen müsstest.

Apropos, auch ein Auto kostet leider kräftig, verpestet noch dazu Umwelt und Freundschaften mit deinen grünsten Freund*innen. Drei starke Gründe, wegen denen ich immer noch nicht motorisiert und daher nach wie vor auf Mamas Ford angewiesen bin, um zumindest zu Weihnachten dahinzuschweben, wie Ryan Gosling in Drive. Mit dieser traurigen Tatsache habe ich mich eigentlich schon abgefunden, bis ich letztens einen meiner äußerst seltenen grenzgenialen Erkenntnisse hatte (eigentlich den ersten): Den Effekt gibt es auch in der U-Bahn. 

Das Rezept:

Anständige Kopfhörer, Handyscrollen verboten, Musik an, Fahrt genießen. I promise on my mother’s… ähm… Ford, das ist mindestens so angenehm druggy, so weltfluchtartig erleichternd, wie im Auto. Nur mitsingen kommt blöd, dafür ist der CO2-Ausstoß minimal und man läuft auch nicht Gefahr, im heftigsten Pink-Floyd-Fieber aus Versehen eine allzu gebückt versteckte Oma in die Zebrastreifen zu bügeln. Nein, die Verantwortung trägt hier allein das Fahrpersonal; in gewisser Weise ist das, wie hinten in einer Limousine herumchauffiert zu werden. Die noble Version.

Überraschend gut funktioniert das musikalische Subwaysurfen auch während der Rushhour, wenn gestresste Manager*innen, überarbeitete Studis und angepisste Angestellte die Wägen füllen, während man selbst in größter Ruhe in einer Ecke sitzt und zu irgendeiner Schnulze dahinschmilzt. Ist das etwas zutiefst Menschliches, dass es einem besser geht, wenn andere drumherum schwitzen, schmollen, schnaufen? Oder bin nur ich ein Arsch? Wahrscheinlich beides. Spät in der Nacht bis zur Endhaltestelle zu fahren ist aber auch nicht übel.

Der Erfolg:

Ich glaube, der Erfolg dieses Konzepts liegt daran, dass das Gehirn durch das Fahren verarscht wird und denkt, man komme voran, irgendwas passiere gerade, und daher endlich einmal abschaltet. In dieser seltenen und eigentlich so wichtigen Ruhephase kickt dann die Musik doppelt so stark rein. Dass man sich noch dazu wie ein Filmheld im entscheidenden Reflexionsmoment eines Romcoms fühlt, hilft natürlich auch.

So, jetzt stecke ich fest. Eigentlich wollte ich diese Kolumne im Februar schreiben, dies und jenes dazwischengekommen. Was macht man, wenn man ein altes Thema nicht aufgeben möchte aber nicht weiterkommt? Die Erfahrung wiederholen. Wer sich aber bei 25 Grad Sonnenschein freiwillig in die U-Bahn verkriecht, das noch dazu für eine moderat gelesene Kolumne, gehört ganz eindeutig in die Klapse. Das wollte ich so sehr vermeiden, dass ich dafür lieber mein Leben aufs Spiel setzte und statt in der Metro oder im Auto beim Radfahren die Musik aufdrehte. Leute, die mit einer Box und lauter Musik herumfahren verdienen einen qualvollen Tod, dazu stehe ich und setze lieber die Kopfhörer auf, auch wenn ich den wildgewordenen SUVs so noch leichtere Beute bin.

Das Ergebnis:

Fast noch geiler als in der U-Bahn. Zumindest auf der Prater Hauptallee. Zwischen Ampeln und SUVs in der Innenstadt weniger prickelnd. Empfehlen werde ich euch also lieber die U-Bahn-Variante. Ist dir auch zu warm dafür? Warte einfach auf den Herbst, send it off in a letter to yourself, wie Steely Dan singt. Kann man bei Gmail tatsächlich, Schedule send. Lohnt sich, U-Bahn-Roadmovie is the next big thing. Or not.

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