Von Atomkraft bis Tonkunst

Authentisches, bildstarkes Theater und musikalische Aufführungen – Das Odeon Theater in der Taborstraße bringt einen Hauch Antike in die Hauptstadt.

Koom Posh /// Odeon, Daniel Sostaric (c)

Koom Posh /// Odeon, Daniel Sostaric (c)

Das Wiener Serapions Ensemble erweckte das damals leerstehende Gebäude in der Leopoldstadt im Jahr 1988 zum Leben. Seither sind sowohl bildende Künste als auch Musik und Theater in den Räumlichkeiten zu bewundern. Wie einst im griechischen Odeion kommen Groß und Klein, Alt und Jung auf ihre Kosten.

Ein einzigartiges Ensemble

Die österreichische Theatergruppe Serapions Theater wurde im Jahr 1973 ins Leben gerufen. Ganz nach dem serapiontischen Prinzip will das Ensemble Gegensätzliches vereinigen. In der Kunst bedeutet das: Haltung einnehmen, gegen jegliche Bevormundung, Kunstformen ineinander verschmelzen lassen. Diese Einstellung spiegelt sich auch im Programm wider. Von Schauspiel, Tanz und Musiktheater bis bildende Kunst und Literatur. Es ist für alle was dabei! Die Kernschmelze dieser Kunstformen wird imposant aufbereitet, die visuelle Komponente ist dabei vorrangig.

Odeon, H. Krbec (c)

Odeon, H. Krbec (c)

Beeindruckend und prunkvoll – dies sind wohl die passendsten Attribute für das relative unbekannte Theater in der Taborstraße. Im Krieg weitgehend zerstört, schaffte es das damals noch sehr junge Serapions Ensemble die Räumlichkeiten mit eigenen Mitteln wieder auf Trab zu bringen. Vor allem der Theatersaal beeindruckt mit seiner Weite. Die Begebenheiten erinnern sehr an ein Odeion aus dem antiken Griechenland. Ehemals für Tanz und Gesang gedient, war ein Odeion ein freier, überdachter Platz. Der neue Saal war für das junge, couragierte Ensemble Herausforderung und Ansporn zugleich.

Mein Besuch in Tschernobyl

Haltung einnehmen, ein wichtiger Grundsatz im Odeon Theater. Dementsprechend kritisch nimmt Regisseur Alireza Daryanavard die Atomkraft unter die Lupe. Eine Warnung für die Zukunft. Beeindruckend und erschreckend zugleich, wird der Reaktorunfall von Tschernobyl dargestellt. Ein grelles Licht und ein merkwürdiger Geruch resultieren an einem ruhigen Frühlingsmorgen in vielen „Helden“ und Opfern. Etwas hat sich verändert, doch die vielen Einzelschicksale bleiben. Krank gewordene Helden, besorgte Mütter, und Kinder, die einfach nur Kinder sein wollen. Es herrscht große Unwissenheit. Die Opfer werden zu Touristenattraktionen. Vieles wird von den Behörden totgeschwiegen. So auch das Buch der Nobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch, das in Belarus verboten ist. In Anlehnung daran fanden die dargestellten Einzelschicksale im September ihren Weg auf Österreichs Bühnen. Nur ein Vorgeschmack auf die bildstarken Stücke im Wiener Odeon Theater. 

Künftige Darbietungen

Bis zum Jahresende floriert die Kultur im Odeon. Im Hinterhof des Theaters nimmt Eva Grün Haltung ein. Aus organisatorischen Gründen ist nichts immer schon möglich - die Absurdität der Risikogesellschaft, des Medienwahns und der von Katastrophen gebeutelten Öffentlichkeit wird mit Humor hervorgehoben. Neben der bildlichen Darstellung trotzen verschiedene Künstler*innen über den Zeitraum eines Monats mit Musik, Poesie und Lesungen der absurden Realität, in der wir leben.

Das Gastspiel des Ensembles Phace mit dem französischen Allround-Künstler François Sarhan vermischt Musik sämtlicher Kategorien. Kammermusik, Jazz, Pop, Rock und die Stimme selbst, stehen Anfang Oktober im Mittelpunkt.

Bis in die Untiefen des Winters zieht eine revoltierende Bande durch das Odeon Theater. Koom Posh. Die zerstreute Gruppe kann sich nicht einfügen und sorgt für jede Menge Trubel in der eintönigen Gesellschaft.

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