Von TikTok bis Tintoretto

Jeden Monat stellt die Musikredaktion neue Songs vor. BOHEMA wählt im Jänner aus: Sevdaliza, Destroyer, Rafael Haider, …

V.l.n.r.: Sevdaliza (c) Zahra Reijs, Rafael Haider (c) Xenia Trampusch, Hyd (c) Eve Fowler, Jenny Hval (c) Berger Myhre

PinkPantheress: Pain (LSDXOXO Remix)

Mit Pain begann Anfang 2021 PinkPantheress‘ Aufstieg zum wohl vielversprechendsten TikTok-Star. Ihre schnipselartig zusammenbauten mit UK-Garage-Breakbeats unterlegten Songs sind nostalgische Ephemera und eignen sich hervorragend für verkürzte Aufmerksamkeitsspannen. Während das Original noch federleicht daherkommt, wird bei der von Techno-Masochist LSDXOXO düster untermalten Version die titelgebende Qual schon eher spürbar.

Sevdaliza: High Alone

In einem ähnlich verschleppten Tempo bewegen sich meist die Songs von Sevdaliza. Das Genre der komplexen Musik der in den Niederlanden lebenden Künstlerin wird meistens dem Trip-Hop zugeordnet. Auf High Alone fährt Sevdaliza Geschwindigkeit und Gitarrenverstärker hoch, und liefert den Soundtrack für einsame Nachtspaziergänge.

Jenny Hval: Year of Love

Auch Jenny Hval baut die Gitarre in ihre sonst von Elektronik geprägte Konzeptmusik ein. Year of Love ist der wohl bisher organischste Track der Norwegerin, die sich auf ihren letzten beiden Solo-Alben zwischen schaurigen Goth-Collagen und Avantgarde-Tanzmusik bewegte, und dabei post-feministische Manifeste ablieferte. Auch auf Year of Love geht sie kritisch mit normativen Konstrukten um und versucht ihre eigene Heirat zu rechtfertigen.

Hyd: Into My Arms

Ebenso mit einem sakralen Zugang zum Thema Liebe befasst sich auch Hayden Dunham auf der Coverversion von Nick Caves Into My Arms. Auf dem Hyperpop-Schlüsselsong Hey QT noch bewusst oberflächlich unterwegs, schlug Dunham als Hyd vergangenes Jahr einen etwas anderen Weg ein. Die Grundbausteine sind allerdings noch da: manipulierte Vocals, experimentierfreudige Elektronik und ein Hang zur Hypersensibilität.

Destroyer: Tintoretto, It’s for You

Religiös angehaucht ist zwar auch die unheilverkündende Vorboten-Single aus dem neuen Destroyer-Album, diese fällt aber weitaus obskurer aus. Dan Bejar nimmt gesanglich die Rolle eines Disney-Bösewichts ein und setzt dem titelgebenden Manierismus-Künstler mit kryptischem Kauderwelsch und sinistren Synths ordentlich zu.

Rafael Haider: Out Of My Mind

Formell schöner, aber inhaltlich nicht weniger düster ist die Debüt-Single von Rafael Haider. Der in Wien lebende Schauspieler verarbeitet Gefühle aus den Untiefen des Lockdowns in Songform. Mit Out Of My Mind bewegt er sich in ähnlichen musikalischen Gefilden wie James Blake: elektronisch irritiertes Klavier-Arrangement gepaart mit einer sinnlichen Stimme.

Diese und alle weiteren ausgewählten Songs sind in der BOHEMA wählt aus-Playlist auf Spotify zu hören!

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