Wie wird man Goldschmied*in, Anna?

Im Gespräch mit der angehenden Goldschmiedin Anna Khoudokormova über die Ausbildung & Berufsmöglichkeiten, einen Einblick in den Handwerksberuf und Materialkunde, warum man Perlen nicht erhitzen darf und das Verhältnis der Geschlechter.

Anna bei der Bearbeitung eines Rings an ihrem Werkbrett in der Werkstatt für Auszubildende im Forum Goldschmiede /// © Anna Khoudokormova

Hinweis: Am Ende des Artikels befindet sich ein Glossar mit Erklärungen von im Artikel erwähnten Fachbegriffen, welche im Interview in kursiv markiert sind.

Als ich in die Werkstatt für die Auszubildenden im Forum Goldschmiede eintrete, muss ich erst einmal auf mich aufmerksam machen, da alle in ihre Arbeit vertieft an ihren Werkbrettern sitzen. Anna Khoudokormova empfängt mich herzlich. Sie befindet sich nun seit eineinhalb Jahren in der Ausbildung zur Goldschmiedin und wird mich heute durch die Werkstatt führen. Alle Räume sind gefüllt mit Maschinen und Werkzeugen, man sieht, dass hier Menschen kreativ arbeiten, es herrscht eine Art systematische Unordnung. Es gibt verschiedene Stationen für die verschiedenen Arbeitsschritte: Einschmelzen, Ausstanzen, Walzen, Polieren, Draht ziehen. Anna witzelt, dass viele der Werkzeuge und Maschinen noch sehr mittelalterlich aussehen. Sie zeigt mir einen Ring, an welchem sie zurzeit arbeitet. Es ist faszinierend, die Vielfalt der Werkstücke zu sehen und welches Feingefühl hinter der Anfertigung der filigranen Schmuckstücke steckt.

Bohema: Erst einmal eine grundlegende Frage: Wie bist du auf den Beruf der Goldschmiedin gestoßen, war das schon länger ein Plan oder bist du auf Umwegen dazu gekommen?

Anna: Es war eine Mischung aus beidem. Es war mir klar, dass ich etwas handwerkliches, künstlerisches machen wollen würde und mich hatte zuerst Restaurierung sehr angesprochen. Die Aufnahmeprüfung für das Studium wirkte jedoch so riesig und ich war mir mit 18 Jahren noch gar nicht sicher, ob das jetzt wirklich meins ist. Damals wäre ich auch noch nicht bereit gewesen, eine Ablehnung von einer Kunsthochschule wegzustecken.

Bohema: An der Angewandten kann man das studieren, oder?

Anna: An beiden, Universität für Angewandte Kunst und Akademie der bildenden Künste. Ich habe mich dann ein paar Wochen damit herumgetan, was ich tun soll, und dann hat mir eine Bekannte von der Ausbildung hier in der Goldschmiede erzählt. Ich habe dann eine E-Mail geschrieben und war das erste Mal schnuppern. Das war 2021, während der Covid-19-Pandemie. Ich war dann ein paar Tage in der Werkstatt und es hat mir richtig gut gefallen. Trotzdem habe ich danach noch ziemlich lange darüber nachgedacht: Soll es wirklich ein so handwerklicher Beruf sein? Ich komme aus einer Akademiker*innen-Familie und ich musste es meinen Eltern auch erst einmal beibringen. (lacht)

B: Was sind Berufsfelder und Bildungswege, wo man sich weiterbilden und kreativ ausleben kann mit einer abgeschlossenen Lehre als Goldschmiedin?

A: Viele gehen in die Bildhauerei, was ich auch sehr spannend finde. Bei Bildhauerei denkt man schnell an große Installationen und Skulpturen aus Stein. Das können aber auch kleinere Dinge aus Metall und sogar Schmuck sein. Ich war gestern im MAK (Museum für angewandte Kunst) und da war ein Buch-Release von der Künstlerin Gerti Machacek, welche auch Goldschmiedin ist und Installationen macht.

Gerti Machacek mit ihrem Buch “Schmuckskulptur” im MAK /// © Flavio Palasciano

B: Das MAK ist ja eh prädestiniert für so etwas durch seinen Gründungsgedanken und seine Schwerpunkte.

A: Genau. Weiter gibt es natürlich noch die Restaurierung von Metallstücken, altem Schmuck und Kelchen zum Beispiel; Kirchen sind ja voll mit Metallgegenständen, die restauriert werden müssen. Auch das Einschätzen des Wertes oder die Überprüfung der Echtheit, wie zum Beispiel im Dorotheum, sind Berufsfelder. Ein klassischer Weg ist, dass man einen kleinen eigenen Shop aufmacht und dort seinen Schmuck und ähnliches verkauft. Und dann kann man natürlich auch in der Werkstatt eines Juweliers arbeiten. Da gibt es eh große Häuser, wo viele Goldschmied*innen in der Werkstatt den Schmuck produzieren, der dort dann verkauft wird.

B: In solchen Häusern und Shops wird der Schmuck also größtenteils noch von Hand hergestellt?

A: Genau. Ich kann nicht für alle sprechen, aber zumindest in den großen Wiener Häusern wird er noch von Hand hergestellt. Da ist es oft wirklich so, dass hinten im Shop noch die Werkstatt liegt.

In der Werkstatt /// © Anna Khoudokormova

B: Interessant. Es gibt ja so viele Schmuckläden und Juweliere, wo man sich doch ab und zu fragt, wie deren Schmuck hergestellt wird, ob noch von Hand oder industriell.
Der Beruf der Goldschmied*in ist einer der ältesten Metallhandwerke – kannst du etwas darüber erzählen, wie sich der Beruf über die Zeit verändert hat und was glaubst du, wie er sich noch in Zukunft verändern wird?

A: Ich glaube das Coole ist, dass Metall und seine Verarbeitung zeitlos sind. Eigentlich hat sich in der Herstellung bis auf einige neue Geräte gar nicht so viel verändert, wie du es auch gerade in der Werkstatt gesehen hast. Unsere Utensilien sehen total mittelalterlich aus, viele Maschinen bedienen wir noch von Hand. Wenn ich in die Schatzkammer hier in Wien gehe und mir die alten Utensilien von vor hunderten Jahren anschaue denke ich mir immer: „krass…“

B: “…das könnte bei uns in der Werkstatt genau so stehen“?

A: Voll! Was sich aber doch geändert hat ist, dass viele Leute heute das Goldschmieden als zweiten Berufsweg auch später im Leben für sich finden. Also, dass viele Leute studieren und arbeiten und dann merken, dass sie etwas Kreatives brauchen. Heute studieren auch viele Leute, weil es ja schon etwas ganz selbstverständliches geworden ist, was ich auch an der ersten Reaktion meiner Familie gemerkt habe, wobei es ja eh toll und richtig ist, dass so viele Menschen heute die Möglichkeit dazu haben, zu studieren. Das Handwerkliche fehlt dann aber doch vielen Menschen oder passt besser zu ihnen.
Ich glaube ein Moment in der Geschichte, wo sich der Beruf stark gewandelt hat, war, als der kommerziellere Schmuckverkauf etabliert wurde. Mit einem Sprung nach heute denkt man dann an den Unterschied zwischen H&M-Schmuck und teurem Echtschmuck. Ich habe das Gefühl, diese Schere ist riesig geworden.

B: Da hast du eine Frage von mir schon vorweggenommen: Wie wirken sich Fast Fashion und Modeschmuckproduktion auf die Branche aus?

A: Ich glaube, der Einfluss ist groß. Heute sind organische und geometrische Formen und Stile sehr beliebt, eben alles, was kein schlichter, polierter Ring ist, beispielsweise. So etwas kann man gefühlt überall erwerben und H&M kann es sich leisten, auf Masse zu produzieren. Die handwerkliche Arbeit mit echten Materialien, die auf den ersten Blick im Endprodukt vielleicht ähnlich ausschaut, hat aber im Endeffekt eine ganz andere Geschichte, einen anderen Wert und eine andere Herstellungsweise. Und man hat mehr Freude daran, die auch länger anhält. Schmuck muss ja auch nicht nur etwas sein, was einen einfach schmückt, sondern kann eine persönliche und/oder symbolische Bedeutung haben.

Bohema-Recherche: Modeschmuck

Modeschmuck ist seriell hergestellter Schmuck, welcher aus einfachen, günstigen Materialien gefertigt wird und sich an Trends orientiert. Meist wird das Material Messing (Kupfer-Zink-Legierung) verwendet (Factsheet zu Messing vom deutschen Umweltbundesamt). Das “Nachahmen” von teurerem Schmuck aus hochwertigen Materialien wird schon lange betrieben, beispielsweise sollen im antiken Ägypten Glasperlen so eingefärbt worden sein, dass sie Halbedelsteinen ähnelten. Modeschmuck ist auch im Sinne einer Demokratisierung von Schmuckstücken zu sehen, da sich seit seinem Aufkommen nicht mehr nur wohlhabende Menschen Schmuck leisten können. Dem positiven Aspekt der Demokratisierung ist heutzutage jedoch die schlechte Umweltbilanz als negativer Aspekt entgegenzubringen: Genau wie bei der Massenproduktion von Kleidung wird günstiger Modeschmuck häufig in Südostasien unter widrigen, menschenunwürdigen Bedingungen hergestellt.
Hier geht es zu einem Videobeitrag des SWR zum Thema "Kann Schmuck nachhaltig sein?".

B: Noch einmal zum Thema Echtheitsüberprüfung und Untersuchung von alten Metallstücken: Kann man auch Expertin für 925er Silber oder eine bestimmte historische Epoche werden?

A: Ja genau, das ist auch sehr spannend. In jedem Land wurde und wird Metall ja auch anders behandelt, es gibt andere Punzierungen als in Österreich, andere Legierungen – genau für so etwas braucht es Expert*innen, die so etwas einschätzen können und das nötige Wissen haben.

B: Als ich jünger war und darüber nachgedacht habe, was ich beruflich machen möchte, hatte ich auch den Beruf der Goldschmiedin im Kopf. Deshalb kenne ich es von mir selbst und glaube, ich bin nicht die einzige damit, dass man den Beruf auch leicht romantisieren kann, von wegen: Man sitzt in der Werkstatt, macht etwas kreatives und ästhetisches und fertigt da eben seinen süßen Schmuck an. Kannst du mir da einen Reality Check geben – was für Hürden, Sorgen und Problematiken gibt es?

Anna bei der Bearbeitung eines Rings an ihrem Werkbrett /// © Anna Khoudokormova

A: Es kann sich auf jeden Fall nicht jede*r leisten. In Wien zumindest sind die wenigen Ausbildungsstätten, die es noch gibt, alle privat. Dann muss man abwägen, ob man das finanziell stemmen, das Risiko eingehen kann. Es ist ein total schönes Handwerk, aber man verbringt Stunden um Stunden sitzend in der Werkstatt. Wenn man selbstständig ist, kann man sich die Arbeitstage besser selbst gestalten, trotzdem muss man eben sehr viel Geduld und Feingefühl mitbringen. Auch die Selbstständigkeit im Goldschmiede-Business muss man sich erst einmal leisten können. Wenn man allein durch den 7. Bezirk spaziert begegnen einem so viele kleine Schmuck-Ateliers – was macht deine Werkstatt, deinen Shop besonders? Es ist eines der vielen handwerklich-kreativen Gebiete, das auch vom Geld und Kapital abhängt. Es ist aber nichtsdestotrotz ein sehr vielfältiger Beruf mit vielen Möglichkeiten.

B: Das gleiche klassistische Bild ergibt sich ja, wenn man generell an Kunsthochschulen und künstlerische Berufe denkt. Vollzeit-Studien, welche viel kosten und nicht viel Zeit zum Arbeiten nebenher lassen, wo Kontakte und Beziehungen einen oft mehr voranbringen, als die Leistung.

A: Voll. Ich arbeite neben der Ausbildung und es geht sich eh aus, aber man ist weniger flexibel und häufiger erschöpft.

B: Und wie ist das Verhältnis der Geschlechter?

Ohrhänger Cinetic Mobile aus Sterling Silber gefertigt von der Schmuckdesignerin Ruth Berridge (1921-2004) aus dem Jahr 1960 /// ©1stDips

A: Ausübende Goldschmiede waren ganz früher nur Männer*, heute ist es größtenteils auch noch so. Natürlich gibt es inzwischen mehr und mehr Frauen*, aber man muss sich vor Augen halten, dass es überwiegend weiterhin Männer sind. Die Goldschmiede, welche uns ab und an in der Werkstatt besuchen, sind meistens ältere Männer und die können einem schon etwas mitgeben oder beibringen, aber sie sind keine Role Models (dt.: Vorbilder, Anm. d. Red.). Wie du aber gerade in der Werkstatt gesehen hast, sitzen da fast nur Frauen. Mittlerweile haben wir vier Männer und 14 Frauen in der Werkstatt, davon alle unter dreißig.

B: Folgendes Bild gibt es ja in vielen Berufsfeldern: in den Startlöchern, also in vielen Ausbildungen oder Studiengängen gibt es eine Überzahl an Frauen, je höher man aber in der „Karriereleiter“ geht, desto mehr dreht sich das Verhältnis.

A: Genau. Viele der Geschäfte zum Beispiel im 1. Bezirk sind auch noch total konservativ. Die werden von Generation zu Generation weitergegeben. Auch bei anderen Fachgeschäften. Im 7. Bezirk gibt es eine Ladenbesitzerin, die Perlen- und Korallenexpertin ist, und ihr Sohn leitet es inzwischen gemeinsam mit ihr. Er kennt sich auch total aus und beschäftigt sich mit der Materie. Das ist ein gutes Beispiel. Manchmal übernehmen dann aber Kinder das Unternehmen, welche mit dem Handwerk des Goldschmiedens oder ähnlichem nichts zu tun haben, sondern nur das Geschäft übernehmen und vielleicht etwas mit BWL oder Marketing studiert haben. Das kann schade sein.

Bohema-Recherche: Unterschiede der Geschlechter in Handwerksberufen

Im Jahr 2022 waren nur 10,8 % der Erwerbstätigen in Handwerksberufen im Nachbarland Deutschland weiblich*. Solche Unterschiede bilden sich sowohl durch Benachteiligungen von Frauen* in bestimmten Berufsgruppen als auch durch geschlechtsspezifische Präferenzen bei der Berufswahl heraus, wobei jene häufig durch patriarchale Parameter sowie Rollenbilder beeinflusst werden und mit Unterschieden in Gehalt und Karriereverlauf verbunden sind. (Quelle: Arbeitskräfteerhebung, Statistisches Bundesamt). In Österreich sind Frauen im Allgemeinen höher gebildet; laut Bildungsreport schließen immer noch fast doppelt so viele Männer als Frauen eine Lehre ab (Quelle: Momentum Institut). 

Um Handwerksberufe für Frauen attraktiver zu machen, sind über Generationen tradierte Geschlechtsstereotype und Rollenbilder schon im Kindesalter zu hinterfragen und abzubauen, damit Menschen ihre Talente und Kompetenzen individuell entdecken und nicht nach Geschlecht ausrichten. Hierfür gibt es beispielsweise den Wiener Verein Sprungbrett, welcher ein Angebot zur Unterstützung und Förderung der Berufswünsche von Mädchen* und  Frauen* anbietet, darunter Programme zur Erkundung gerade von Berufen mit niedrigen Frauenanteil. Sonja Weiser, Mitglied des Vereins, sagt weiter, dass eine Anpassung des Arbeitsalltags ebenso sinnvoll sei, also familienfreundliche Teilzeit-Arbeitsmodelle oder gute Kinderbetreuung, da Care-Arbeit leider weiterhin oft in Frauenhand liege (wobei diese Angebote selbstverständlich auch für Väter von Vorteil sind). Claudia Haslinger und Martina Huemer-Fistelberger, Geschäftsführerinnen der SFK Technologie Manufaktur im oberösterreichischen Kirchham, achten in ihrer Tischlerei auf eine hohe Frauenquote und dass die Wort- und Bildsprache in ihrem Betrieb sowohl in der Kommunikation nach innen als auch nach außen beide Geschlechter gleichwertig sichtbar mache (Quelle: Brennbunkt. Keine Frage der Kompetenz, 2023, Handwerk+Bau, Österreichischer Wirtschaftsverlag GmbH). Die Möglichkeiten zur Erhöhung des Frauenanteils sind also vielfältig, müssen nur eben gekannt und genutzt werden.

Die amerikanische Schmuckdesignerin Betty Cooke (1924-) bei der Arbeit /// © mid2mod

B: Du hattest vorhin erwähnt, dass ihr auch Edelsteinkunde als Unterricht habt. Was lernt man da?

A: In der Edelsteinkunde fängt man mit den Basics der ganzen Kristallsysteme an. In der Geologie gibt es Übergruppen, wie zum Beispiel Quarze oder Granate, und deren Untergruppen. Man lernt auch Erkennungsmerkmale, zum Beispiel woran man Rubin erkennt – da gibt es nämlich mehr Erkennungsmerkmale als nur die rote Farbe. Wir haben auch Geräte, mit welchen wir Steine untersuchen und das Kristallsystem bestimmen können. Es gibt separat den Beruf des Edelsteinfassers, aber wir müssen uns damit natürlich auch auskennen. Jeder Stein hat andere Eigenschaften und man muss wissen, wie man damit umgeht.

In der Werkstatt des Forum Goldschmiede /// © Anna Khoudokormova

B: Steine haben ja verschiedene Härten, die die Art der Bearbeitung wahrscheinlich beeinflussen.

A: Genau, die Mohs-Härte unter anderem, es gibt mehrere Prüfverfahren. Ein Opal ist beispielsweise sehr brüchig und geht ur schnell kaputt.
Eine Perle darf man übrigens auf gar keinen Fall erhitzen.

B: Wieso nicht?

A: Eine Perle hat ja diese äußere Perlmutt-Schicht, diese kokelt sofort ab und wird schwarz.
So etwas finde ich eh total spannend – was die Erde für Materialien erschaffen kann.

B: Eine ganz dumme Frage: Was ist ein Diamant und was bedeutet die Karat-Zahl?

A: Karat ist eine Gewicht-Einheit für alle Edelsteine. 0,2 Gramm sind ein Karat und der Preis wird häufig nach Karat berechnet. Ein Diamant ist ein Edelstein aus Kohlenstoff, welcher meist oktaederförmige Kristalle bildet. Du musst dir mal Rohdiamanten anschauen, bevor sie zur Perfektion geschliffen werden, die sehen von außen so bräunlich-gräulich aus und sehr unscheinbar.

B: Diamanten-Handel ist ja auch eine heikle Sache, oder?

A: Die Blutdiamanten sind wahrscheinlich vielen ein Begriff, aber am Ende ist es bei jedem Edelstein und Edelmetall und deren Abbau so. Auf Recycling und darauf, wo das Material herkommt, sollte man in Goldschmieden achten.

Bohema-Recherche: Probleme des Rohstoffabbaus

In den ärmsten Ländern der Welt sind oft die größten Vorkommen metallischer Rohstoffe zu finden. Indonesien gilt als führender Exporteur von Zinn, die Demokratische Republik Kongo dominiert die weltweite Kobaltförderung und Jamaika, Australien, Brasilien und Indien gehören zu den bedeutendsten Herkunftsländern von Aluminiumerz. Weltweit sind über 40 Millionen Menschen im Kleinbergbau beschäftigt und mindestens 150 Millionen sind direkt abhängig von diesem Einkommen. Bergbau zählt zu den gefährlichsten Berufsfeldern der Welt, rund acht Prozent aller tödlichen Arbeitsunfälle treten hier auf. Insbesondere im Kleinbergbau sind die Arbeitsbedingungen oft menschenverachtend: knöchelhoher Schlamm, arbeiten ohne Helm oder Sicherung und dafür mit hochtoxischen Chemikalien. Der nicht industrielle Bergbau stellt für viele Menschen in abgelegenen Gebieten die einzige Einnahmequelle dar. Viele Anwohner leiden ebenfalls unter den Auswirkungen des Bergbaus, da ganze Gemeinschaften und indigene Völker für neue Bergwerke vertrieben und ihre angestammten Lebensräume zerstört werden. Der Rohstoffabbau führt fast überall auf der Welt zu Konflikten zwischen lokalen Gemeinden und Bergbauunternehmen, wobei Letztere hauptsächlich profitieren, während die Bevölkerung den Preis zahlt. WWF Deutschland fordert daher beispielsweise die Verabschiedung und Einhaltung von Lieferkettengesetzen, regelmäßige Kontrollen, mehr Recycling und qualitative Zertifizierungssysteme. (Quellen: "Mining. Die Folgen des weltweiten Rohstoffabbaus", WWF, 2019 sowie "Gold - alles andere als glänzend für die Umwelt", WWF, 2023).
Hier geht es zu der Arte-Doku “Nachhaltiger Schmuck - Gold und faire Edelsteine”.

Eine illegale Goldmine im Juruena Nationalpark © WWF-Brazil / Adriano Gambarini

B: Gibt es Materialien, mit welchen du am liebsten arbeitest?

A: Da ich ja noch in der Ausbildung bin, ist Gold natürlich immer noch ein großes Ding, weil man meistens mit weniger wertvollen Metallen übt, und wenn man Dinge aus Gold fertigt, ist das schon immer exciting (dt.: aufregend; Anm. d. Red.). Die Restaurierung interessiert mich wie gesagt sehr und Reparaturen mache ich auch sehr gern, weil ich es spannend finde, herauszufinden, wie etwas gefertigt wurde und wie ich es reparieren kann, damit es so authentisch wie möglich ist, ohne das Originale zu beschädigen. Manchmal stehen bei uns ganz besondere Dinge zur Restauration, wie alte Gegenstände der Wiener Werkstätte; das schaue ich mir an und denke mir immer „so etwas würde ich schon gerne reparieren können“.

B: Es ist ja eigentlich wie eine Detektiv-Suche, auch wie beim Gemälde restaurieren: Man schaut erst einmal, mit welchen Techniken und Materialien es einst gefertigt wurde, um möglichst mit ähnlichen und/oder modernen Verfahren daran authentisch arbeiten zu können und um nichts zu zerstören.

A: Voll. Eben dieser Deep-Dive in ein bestimmtes Thema hinein, mit der Recherche und allem. Welche Legierungen hat man verwendet, auf was muss ich achten? Beispielsweise lötet man ja beim zusammensetzen von Metallen. Das Lot, was früher verwendet wurde, war teilweise noch hochgiftig, aufgrund der Verwendung von Blei, oder färbt sich schwarz, wenn man es wieder erhitzt. Wenn man einen Gegenstand restauriert, welcher mit solchem Lot bearbeitet wurde, sollte man dies also am Besten vorher wissen. (lacht)

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GLOSSAR

925er Sterlingsilber: Die Zahl 925 auf einem Schmuckstück bedeutet, dass es zu 92,5 % aus Silber und zu 7,5 % aus anderen Metallen besteht. Sterling ist die Eigenbezeichnung für diese spezielle Legierung und leitet sich von den frühen britischen Silberpennys namens “Sterling” ab. Reines Silber ist so empfindlich, dass es mit härteren Metallen kombiniert wird, um das Schmuckstück langlebiger zu machen. Die Zahl 925 auf Goldschmuck bedeutet hingegen, dass es sich um mit Gold überzogenes Sterlingsilber handelt.

Blutdiamant: Ein Blutdiamant oder Konfliktdiamant ist ein Diamant, mit dessen Erlös gewalttätige Konflikte finanziert werden. Sie werden in Konfliktgebieten meist illegal geschürft und verkauft (meist exportiert), um Rebellen, Invasionstruppen oder ähnliches zu finanzieren, und tragen so zur Verlängerung oder Intensivierung eines Konfliktes bei. Damit gehören sie zu den Konfliktrohstoffen.

Edelsteinfasser*in: Eine Berufsbezeichnung, welche sich aus dem Goldschmiedeberuf im Sinne der Arbeitsteilung heraus entwickelt hat. Der Beruf ist spezialisiert auf das Einfassen von vom Steinschleifer bearbeiteten Edelsteinen in die von Goldschmiedinnen bearbeiteten Metallarbeiten.

Feingehalt: Der Feingehalt ist der Massenanteil des höchstwertigen Edelmetalls in einem Metallgegenstand (Beispiel: Sterlingsilber hat einen Feingehalt von Silber von 925/1000).

gediegen: Dies bedeutet in der Mineralogie das Vorkommen von reinen chemischen Elementen in der Natur, wie beispielsweise die Edelmetalle Gold, Silber oder Kupfer.

Gold: Gediegenes Edelmetall, welches seit Jahrtausenden für rituelle Gegenstände und Schmuck sowie für Münzen verwendet wird. Von den im Jahre 2021 geförderten etwa 3.560 Tonnen Gold wurde über die Hälfte von der Schmuckbranche verarbeitet, ein Viertel diente als Geldanlage, rund 11 % wurden von den Zentralbanken und rund 8 % von der Industrie nachgefragt. Die Wiederaufbereitung (Recycling) stellte 2016 rund 30 % des gesamten Goldangebots. Gold ist in heutigen Minen fast nur noch in Spuren enthalten.
Weiterführende Informationen: www.wwf.de.

Gravur/gravieren: Das Einschneiden von Ornamenten, Schriften und Verzierungen in Metallen, Glas oder Stein, wobei lokal Material vom Werkstück abgetragen wird, was es von der Punzierung (siehe weiter unten) unterscheidet.

Karat: Ist eine Gewicht-Einheit für alle Edelsteine. 0,2 Gramm sind ein Karat und der Preis wird häufig nach Karat berechnet.

Kristallsysteme: Symmetriebezogenes Klassifizierungsschema für kristalline Festkörper. Ein Diamant gehört beispielsweise zum kubischen Kristallsystem.

Legierung: Legierungen sind feste Gemische aus zwei oder mehr chemischen Elementen, von denen mindestens eines ein Metall ist. Bronze ist beispielsweise eine Legierung aus Kupfer und Zinn.

löten: Das Löten ist ein Fügeverfahren, bei dem Metalle durch Schmelzen von Lot miteinander verbunden werden, ohne den Grundwerkstoff wesentlich an- oder aufzuschmelzen. Lötzinn ist eine Metalllegierung aus Zinn und anderen Legierungselementen. Es wird meist mit einem etwa 315°C heißen Lötkolben aufgeschmolzen und bildet nach dem Abkühlen eine feste, gas- und wasserdichte sowie elektrisch gut leitende Verbindung.

Mohs-Härte: Einheit zur Angabe der Härte von Metallen auf einer Skala von 1-10, benannt nach dem Erfinder des dazugehörigen Prüfverfahrens, Friedrich Mohs. Dieser bestimmte die Mohshärte von verschiedenen bekannten Mineralien, indem er sie gegenseitig ritzte. Dabei bediente er sich einer einfachen Grundregel, nach welcher der jeweils härtere Gegenstand den weicheren ritzt. Entsteht auf dem zu prüfenden Gegenstand keine eingeritzte Spur, so ist das Prüfmaterial das Härtere. Lassen sich zwei Medien nicht wechselseitig ritzen, dann weisen sie die gleiche Mohshärte auf. Ein Diamant hat die Mohshärte 10 (höchste Härte). Andere Prüfverfahren sind die Schleifhärte oder die Mikrohärte.

Punzierung: Eine Prägung in Metallen oder Leder, das Motiv ist versenkt als Negativ im Material zu sehen. Die Punzierung wird häufig mit einem Prägestempel zur Kennzeichnung verwendet, die Angabe des Feingehalts 925 ist beispielsweise eine Punzierung.

Restaurierung: Als Restaurierung bezeichnet man bei Kulturgütern die Wiederherstellung eines alten Zustands, welcher oft im Laufe der Zeit verloren gegangen ist.

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