Boy — Zwischen Identität und Kultur

Taika Waititis bewegende coming of age Geschichte mit seinem charakteristischem Sinn für Humor und einem immensen Stolz auf seine Kultur.

Foto: Boy, Whenua Films/IMDb

Foto: Boy, Whenua Films/IMDb

‘Boy‘ (James Rolleston) ist ein 11-jähriger Junge, der im ländlichen Neuseeland lebt - in Waihau Bay. Es ist 1984, er vergöttert Michael Jackson und den Vater der schon lange weg ist (Alamein - gespielt von Taika Waititi selbst). Als sein Vater zurückkehrt, muss er mit der Erkenntnis fertig werden, dass er nicht der Held ist den er sich vorgestellt hat. Boy ist ein einfallsreicher Film mit exzentrischen Charaktern, lustigen Begegnungen, herzzerreißendem häuslichen Drama, Gewalt und handgezeichneten Animationen. Humor und Trauer gehen Hand in Hand, darin zeigt sich auch die Simplizität des Films. Die emotionsgeladenen Szenen haben einen Hauch von Anmut.

Dem Film (und somit auch Taika Waititi persönlich) wird vorgeworfen, nicht authentisch genug zu sein in der Darstellung von Indigenität. Ein Vorwurf, dem sich schonTen Canoes (Rolf de Heer, Peter Djigirr, 2006) oder Samson und Delilah (Warwick Thornton, 2009) stellen mussten. So wichtig für Waititi die Authentizität seiner Filme ist, betont er, nicht als Maori-Regisseur sondern als ein Regisseur der Maori ist gesehen werden zu wollen.

Die Frage nach der Ethnizität in World Cinema

Boy ist ein einheimischer Film, der nicht in einer „Fantasiewelt“ spielt oder nur auf mythologische Aspekte eingeht. Er zeigt indigene Völker als gerechte Menschen. Das ist es wohl, was wir verstehen müssen, was weiße Menschen verstehen sollen. Die Frage zwischen „cinematic pleasure“ und „cultural appropriation“. Passt man den Film sozusagen für ein breites Publikum an, oder versucht man, authentisch zu bleiben? Kompromisse sind hier schwierig. Aber was ist kulturell authentisch oder authentisch genug? Ist Indigenität als eine Form von Identität oder Ethnizität zu betrachten? Taika Waititi ist selbst am Ort der Handlung aufgewachsen und obwohl er behauptet, der Film sei keine Autobiografie, stammen einige Details (wie die Begeisterung für Michael Jackson und Moonwalk) aus seiner eigenen Kindheit.

Zentrale Motive dieses Films sind nicht Spiritualität, Vorfahren oder Legenden, die Motive sind nicht kulturell spezifisch. Boy steht gesellschaftlich und zeitlich der westlichen Welt nahe. Das Phänomen Michael Jackson als Folge der Kolonisation zu betrachten ist hier falsch, Pop war damals wie heute für alle zugzugänglicher Mainstream. Den Film für ein breites Publikum interessant zu machen bedeutet auch, ihn Film sichtbar zu machen. Dieser Film behandelt verschiedene Themen, insbesondere die Hoffnungslosigkeit und Einsamkeit, die Menschen (insbesondere Einheimische) empfinden können. Am Ende des Films kommt nochmal die mit der Hommage an Haka, dem traditionellen Tanz der Maori, das Thema Indigenität richtig zur Geltung. Es wird ‘Thriller-Haka‘ getanzt zum Song Poi-E‘ von Patea Maori Club. Angeführt wird der Tanz von Waititi als Michael Jackson mit anderen Darstellern des Films. Ein reflexiver Moment, in dem sich der Film ‘nur als ein Film’ zeigt.

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