Zwischen Strich und Linie
Flaktürme, Nazi-Denkmäler und antisemitische Wandbilder – Wiens Stadtbild ist geprägt von der Zeit des Nationalsozialismus. Gegen den Strich im MUSA zeigt alternative Ansätze, wie mit diesem düsteren Abschnitt der Vergangenheit umgegangen werden kann.
Parallel zur aktuellen Wien Museum-Ausstellung Auf Linie, welche sich mit der NS-Kunstpolitik befasst und zahlreiche Werke der damaligen Zeit ausstellt, läuft in der Startgalerie des MUSA eine kleine Exposition namens Gegen den Strich. Bis zum 26. Juni wird die Vielzahl an Überbleibseln des Nationalsozialismus, die Wiens Straßen und Häuser zieren, kritisch beäugt. Anders als bei Malereien der NS-Zeit, lässt sich bei Denkmälern im öffentlichen Raum nicht darüber bestimmen, ob die Öffentlichkeit diese zu Gesicht bekommen darf. Vor allem das Denkmal des antisemitischen Ex-Bürgermeisters Dr. Karl Lueger hat in der Vergangenheit schon viele Debatten vom Zaun gebrochen. Gegen den Strich nimmt Auseinandersetzungen auf und sucht nach alternativen, zeitgemäßen Zugängen zu Relikten im öffentlichen Raum. Die Vergangenheit sei stets präsent und biete Raum für Kritik und Interventionen. Die Wahrnehmung dieses dunklen Kapitels als Teil des Jetzt soll dadurch verstärkt werden.
Gleich zu Beginn der Schau sticht mir ein Foto eines Reliefs im 4. Bezirk besonders ins Auge. Darauf zu sehen sind drei Männer, arbeitende Männer. Unterhalb davon ziert folgendes Zitat die Hauswand: Es gibt nur einen Adel, den Adel der Arbeit. Ein Zitat, welches ich vermutlich dem Sozialismus zugeordnet hätte. Zu meinem Erstaunen handelt es sich dabei tatsächlich um ein Zitat von Adolf Hitler. Ich bin verblüfft und schockiert zugleich. Ein solches Zitat auf einer Hauswand mitten in Wien. Unweit vom Stadtzentrum und dem Karlsplatz entfernt, angebracht an einem Haus, das viele von uns aufsuchen würden, um geruhsam und nichtsahnend vegane Burger mit Pommes zu vertilgen. Direkt unter einem Hitlerzitat.
Ich sehe eine Seite von Wien, die ich noch nicht kannte. Die alternative Darstellung eines arisierten Wiener Gebäudes zieht ebenfalls meine Aufmerksamkeit auf sich. Jedoch ist das Exponat der Karl-Lueger-Statue im 1. Bezirk besonders aussagekräftig und spiegelt die Botschaft der teilnehmenden Künstler*innen am besten wider. Es zeigt eine Nachbildung jener Teile des Denkmals, die wiederholt beschmiert wurden. Der rote Schriftzug SCHANDE zieht sich über den gesamten Fuß des Denkmals beim Stadtpark. In den dazu laufenden Aufnahmen ist eine Auseinandersetzung zu hören.
Genau solche Auseinandersetzungen mit unserer Vergangenheit sind wichtig - auch für unsere Gegenwart und die Zukunft. Die kritische Beschäftigung mit solchen Themen ist in Anbetracht der Hinterlassenschaften des NS-Regimes und antisemitischer Bürgermeister kaum wegzudenken.