Tschechische Vibes & Standing Ovations

Von einem dramatischen Quasthoff über fast perfekt synchronisierte Schwestern bis hin zum großen Finale mit Chor, Orgel und 4 Solist*innen.

Thomas Quasthoff /// Bernd Brundert (c)

Die Tschechische Philharmonie knocked it wieder einmal out of the park.Obwohl die gespielten Stücke allesamt keine häufig aufgeführten Standardwerke sind, hat man den Patriotismus basically aus dem Klang hören können.

Quasthoff ganz groß

Den Anfang machte der legendäre Thomas Quasthoff als Sprecher in der von Viktor Ullmann musikalisch unterlegten Version von Rilkes Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke, einem Werk, das mittelalterliche Kriegssituationen beschreibt und 1942 im KZ Theresienstadt entstanden ist. Aber das war’s dann auch schon in Sachen Politik - keine Ansprache über die Situation in der Ukraine und kein Aufruf zur Solidarität, wie wir es in diesen Tagen bei allen möglichen Veranstaltungen erleben.

Das war allerdings auch nicht nötig, um die Aufmerksamkeit des eigentlich sonst, vor allem bei Werken der Schönberg-Schule, oft grantigen Wiener Publikums für den Sprecher zu gewinnen; Quasthoffs dramatische Performance, seine tiefe, kräftige Stimme, die selbst vom zwischenzeitlichen Fortissimo des Orchesters nicht übertönt werden konnte und seine stets todernste Miene reichten aus, um die Zuschauer*innen vor ihrem ersten Glaserl Sekt in der Pause zu Standing Ovations auf die Beine zu kriegen.

2 Klaviere, 2 Schwestern

Nach einer längeren Pause dann Martinůs Konzert für 2 Klaviere. Man hat gemerkt, dass die zwei Solistinnen, wovon die jüngere noch dazu mit dem Dirigenten des Konzerts, Semyon Bychkov, verheiratet ist, definitiv miteinander verwandt sind. Matching Outfits und perfekte Chemie zwischen den beiden sorgten für eine solide Aufführung eines sonst eher wenig sagenden Werkes.

Patriotische Atheisten-Messe

But now for the real fire. Janáčeks Glagolitische Messe, technically ein liturgisches Werk, dass aber in von einem Atheisten und in einer fast schon toten Sprache geschrieben wurde. Janáčeks, ein Anhänger der panslawischen Bewegung, schrieb das Stück also rein als Celebration der slawischen Kultur (glagolitisch bedeutet altkirchenslawisch, eine uralte Sprache, die in Gottesdiensten in Dalmatien erhalten geblieben ist).

And this is were the orchestra really started to shine. Purer Patriotismus, von den eröffnenden Fanfaren der Blechbläser bis zum Fortissimo des gesamten Orchesters, des Chors, der SolistInnen und der Orgel, von den himmlisch sanften Solomelodien bis zu den triumphierenden Climax-Hymnen nach langen Crescendi. Man konnte die mährische Luft mitatmen. Ein Stück wie für die Tschechische Philharmonie gemacht, und es tschechischer zu performen wäre kaum möglich gewesen. Organistin, Bass, Tenor, Sopran und Alt (special Shoutout an Lucie Hilscherová, für die Einladung), allesamt aus Tschechien, trugen dazu bei. Standing Ovations all around. Kurzurlaub nach Prag ist schon gebucht.

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