A fesches Dirndl

Was passiert, wenn Modedesigner*innen das Dirndl für sich entdecken, und wie sich Themen wie Heimat, Tradition und Tracht in einer modernen Ausstellung vereinen ist vom 11. Juni bis 31. Oktober 2022 in Bad Ischl zu entdecken.

Sujet Tracht trifft Dirndl /// OÖ LKG (c)

Vor ungefähr zwei Jahren, während ich die Zeit des ersten Corona-Lockdowns zu Hause im Salzkammergut verbrachte, half ich meiner Mutter beim Mustern. Als sie mit einem alten Schlüssel einen noch älteren Holzkasten aufsperrte, offenbarten sich uns duzende Dirndl, in verschiedensten Farben und Formen, aufgereiht auf einer Kleiderstange. All diese Dirndl gehörten meiner Urgroßmutter, die ich nie ohne ein Dirndl erlebte. Für sie war die Tracht nicht einfach ein Kleidungsstück für besondere Anlässe, es war auch kein Kleidungsstück wie jedes andere. Für sie war das Dirndl das Kleidungsstück schlechthin.

Meine Urgroßmutter ist wahrscheinlich der Grund für meine Faszination für Dirndl, Lederhosen und Co. Dies drängte mich dann auch dazu, in die Ausstellung Tracht Trifft Dirndl in Bad Ischl östlich von Salzburg zu gehen.

Dirndl Goes Fashion

Inmitten des Kaiserparks, der die ehemalige Sommerresidenz des österreich-ungarischen Kaiserpaares umgibt, befindet sich Kaiserin Elisabeths Marmorschlössl, welches als Ort der Ausstellung gewählt wurde. Auf zwei Stockwerken wird nicht nur eine Sammlung verschiedenster und ausgefallenster Trachten und Dirndl gezeigt, sondern auch ein historischer Kontext sowie teils genaue Beschreibungen der einzelnen Kleidungstücke geliefert. Neben Dirndln, die von Modedesigner*innen wie Susanne Bisovsky oder Andreas Kronthaler für Vivienne Westwood entworfen wurden, reihen sich auch traditionelle Trachten aus verschiedenen Regionen Österreichs sowie aus den unterschiedlichen Kronländern der ehemaligen Monarchie. Die Ausstellung versucht gekonnt den Werdegang des Dirndls vom Alltagsgewand der Dirn bzw. Magd zum Gegenstand des High Fashions zu zeichnen.

Von Anna Plochl bis Romy Schneider und Siebenbürgen

Passend zum Ort der Ausstellung wird auch kurz der Sissi-Mythos angesprochen und das rosarote Dirndl ausgestellt, dass Romy Schneider im ersten Teil der berühmten Sissi-Trilogie trug. Sisi ist allerdings nicht die einzige Dame aus dem Hause Habsburg, die in der Sammlung vertreten ist. So sind auch mehrere Dirndl Anna Plochls, der bürgerlichen Frau Johann von Österreichs, zu sehen. Die traditionellen Trachten der unterschiedlichen Regionen Österreich-Ungarns machen zwar nur einen kleinen Teil der Exponate aus, sind jedoch umso beindruckender, da sie die vielseitigen Einflüsse und Übergänge der unterschiedlichen Volkstrachten verdeutlichen. Von der Steiermark bis in die Ukraine, von Böhmen bis nach Kroatien und von Oberösterreich bis nach Siebenbürgen.

„Never let the fascists have the Dirndl“

Ein Raum der Ausstellung widmet sich der dunklen Vergangenheit des Dirndls. Nach dem Anschluss Österreichs an Nazideutschland wurde der Begriff Dirndl mit der Begründung, es handle sich um ein „jüdisches Unwort“, verboten und durch den Begriff Leibkittel ersetzt. Die Trachten der unterschiedlichen Regionen wurden auf ähnliche Merkmale untersucht und in Kategorien eingeteilt, um so jedem Gau eine eigene Tracht zuzuweisen. Die in dem Raum ausgestellten Dirndl, unter denen sich mitunter Trachten aus dieser Zeit befinden, werden durch ein auffallend politisches Dirndl ergänzt, dass sich an die Besucher*innen wendet: ein sonst schlichtes Dirndl, auf welchem quer über die Schürze die Aufforderung Never let the fascists have the Dirndl gestickt ist. Einer Aufforderung, der man nur zustimmen kann.

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