Beats, Soul und Gänsehaut

Magenvibrierender Future Soul von Elis Noa im Wiener Konzerthaus beim Festival City Sounds - Intensive Songtexte über Liebe, die unschönen Seiten der Romantik und Gefühle, die man sich nicht mal selbst eingesteht.

„Alright“ hört man sanft von der Bühne kommen. Nebel und blaue Lichter umspielen die Künstle*rinnen in Rot und Leder, der Saal ist ruhig und alle Ohren konzentrieren sich auf die Stille, die Elis Noa so schön auskosten. Die Musiker*innen mit geschlossenen Augen, wiegend der Stimme folgend, um schlussendlich mit ganz großem Kino beim Drop des Beats anzukommen und den Saal mitzunehmen.

Als Future Soul wird das Duo definiert – falls man heute noch Definitionen braucht – und es hält, was es verspricht. Leicht jazzige Harmonien, Aaron Hader mit seinen runden Saxofon-Soli, Elisa Godino mit ihrem innigen Griff ans Keyboard – und trotz der Intimität, die sie mit dieser Atmosphäre zum Publikum aufbauen, schaffen sie es einen Beat darunterzulegen der im Magen vibriert und die Zuhörer*innen weit weg katapultiert.

Organic music, ohne Chemie

Überraschend elegant war auch gelöst, was normalerweise im Studio vorproduziert und schwierig auf die Bühne zu bekommen ist. Während die Aufnahmen allein aus dem Duo und diversen Sample-Möglichkeiten bestehen, holten sich die zwei für diesen Abend Unterstützung: (die bei uns schon vorgestellte) Eva Moreno am Keyboard und als unglaublich flexible Backvokalistin und Raphael Lanthaler motiviert und einfühlsam am Schlagzeug – mit einem Resultat, das ich im Endeffekt besser fand als die Studioversion.

Mit liebevollem Blick zu ihren Kolleg*innen führte Elisa charmant durch den Abend, mit Songtexten, die meiner Meinung nach der beste Teil des Abends waren. Eine sehr nackte Seite der Menschlichkeit ansprechend, drehen sich die Nummern größtenteils um Liebe – freundschaftliche Liebe, romantische Liebe, Selbstliebe. Es geht um die unschönen Seiten der Romantik, und warum diese trotzdem schön sind; es geht um innere Kämpfe mit sich selbst und darum, nicht immer die richtigen Entscheidungen treffen zu müssen. Es geht um Gefühle, welche man sich oft selbst nicht eingestehen will – und Elis Noa hinterlässt einen Nachgeschmack von Es ist okay, menschlich zu sein.

Surreale Realität

Natürlich half auch die Akustik im renommierten Konzerthaus. Merkwürdig war nur die Stimmung im Publikum, man hatte ein leichtes Gefühl der Beklommenheit in einem eher klassischen angehauchten Haus bei einem Popkonzert zu stehen, mit Maske, ohne Getränk und einem Saal, der leider zu leer ist um unbeschwert tanzen zu können. So genoss man zwar die Musik, aber die Reihen von mitnickenden, maskierten Menschen mit verschränkt Armen wirkten doch surreal. Das merkte man anfangs auch der Sängerin an, die versuchte diese Situation zu überspielen aber es doch irgendwie nicht so richtig schaffte. Erst als sie sich ans Keyboard setzte, sah man regelrecht die Anspannung abfallen und den Durchatmer kommen.

What do you desire?

...lautet der Name ihres Debut-Albums. Zwar gibt es schon einen Haufen Musik seit dem Zusammenschluss der Band 2017, aber ihr erstes vollständiges Album veröffentlichten sie genau vor Anfang der Pandemie. Auch ihre ältere Musik ist soulful und atmosphärisch, und What do you desire? ist eine Krönung der ersten vier Jahre. Derzeit arbeitet das Duo schon am zweiten Album, aber zwei neue Singles sind auch schon dieses Jahr veröffentlicht worden: Make me think of you und Always been you.

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