Everything Everywhere All At Once
Wie soll man seine Steuern bei all diesen multiversiellen Problemen und Existenzängsten nur machen können?
Seit Jahren schon beklagen sich die Leute darüber, dass das Kino fast nur noch aus Franchise-Produktionen besteht. Sequels, Remakes, Prequels, Reboots und Spin-Offs, für originelle Filme bleibt kein Platz mehr. Nun, grad die letzten Monate haben gezeigt, dass es Raum für Originale gibt. Und eines dieser Schmankerln will ich heute vorstellen, denn Everything Everywhere All At Once ist so vieles, und eigentlich alles.
Die Liebe in Zeiten der Steuerprüfung
Die chinesische Immigrantin Evelyn (Michelle Yeoh) betreibt mit ihrem Mann Waymond (Ke Huy Quan) eine Wäscherei, hat Probleme damit, dass Ihre Tochter Joy (Stephanie Hsu) eine Freundin hat, und muss nebenbei noch um die Gunst ihres im Rollstuhl befindlichen Vater (James Hong) buhlen. Da ist eine Steuererklärung, welche die Zukunft ihres Geschäfts bestimmen soll, nicht gerade hilfreich.
Doch das und die mürrische Beamtin Deirdre (Jamie Lee Curtis) sind noch lang nicht das Schlimmste. Waymond verhält sich plötzlich überaus seltsam und erzählt Evelyn, dass er aus einem Paralleluniversum stamme, und er ihre Hilfe benötige, denn das gesamte Multiversum sei in Gefahr. Diese Behauptung wird dann dadurch untermauert, dass Deirdre durch die Tür stürmt, und Evelyn attackiert. Damit beginnt ein schräger Sci-Fi-Trip durch alle Welten und Genres.
Wilder Genremix
Ich denke, keine Beschreibung könnte dem Film auch nur gerecht werden. Der Independent-Film ist Kino auf höchstem Niveau. Die Laufzeit von 2 Stunden und 19 Minuten sind vollgepackt und schnell erzählt. Jede abstruse und lustige Offenbarung wird von der nächsten gejagt. Langeweile kommt also nie auf. Im Gegenteil, manchmal sehnt man sich sogar nach kurzen Verschnaufpausen, in denen sich die Figuren näher kommen dürfen.
Genremäßig ist der Film in erster Linie eine Komödie, doch er ist auch so viel mehr. Drama und Tragik-Fans werden gleichermaßen bedient, und Action gibt es zuhauf. Humor ist Wahrheit und Schmerz, und das wird schonmal durch die originelle Methode des Multiversum-Reisens gut eingefangen. Denn um auf seine alternativen Fähigkeiten zugriefen zu können, muss man Dinge tun, die unerwartet sind, und manchmal auch schmerzhaft.
Ein intimes Multiversum
Die wenigen Locations wurden perfekt eingesetzt und über sie wir die Diversität des Multiversums perfekt eingefangen. Das Publikum wird an der Hand geleitet während des extralangen ersten Teils des Filmes in diese Prämisse eingeführt, und dann später sich selbst überlassen. Die Filmemacher haben eindeutig volles Vertrauen in ihre Zuschauer*innen. Da hilft es auch, dass der Film zeitweise weird und extrem abstrus werden darf und Welten zeigt, in denen die Evolution andere Wege genommen hat. Und dabei auch Stanley Kubricks 2001 rezitiert.
So weitreichend die Handlung aber auch ist, so persönlich und intim ist seine Aussage. Es sind nicht unnahbare Probleme von Auserwählten, Superheld*innen oder Göttern, sondern Sorgen, die jeder Mensch, jede/r Partner*in und alle Eltern nachvollziehen können. Gerade das macht den Film so multiversiell (Pun intended).
Fazit
Everything Everywhere All at Once ist fantastisch. Er wird zurecht gehypt, und wird in vielen Top 10 Listen des Jahres stehen. Das kann ich garantieren.