Má vlast was a blast

Für sein erstes richtiges philharmonisches Engagement wählte Jakub Hrůša kein geringeres Werk als Smetanas Magnum Opus und feierte damit einen gelungenen Einstand.

Etwas travoltaesque: Jakub Hrůša (c) Pavel Hejnz

Etwas travoltaesque: Jakub Hrůša (c) Pavel Hejnz

Am Sonntagabend noch war im Konzerthaus die Tschechische Philharmonie unter Chefdirigent Semjon Bytschkow zu Gast, im Gepäck hatten sie allerdings russische Moderne und deutsche Romantik. Einen Tag später präsentierten nun die Wiener Philharmoniker bei der Wiederholung ihres letzten Abonnementkonzerts der Saison Mein Vaterland, das Nationalheiligtum tschechischer Musik - und waren dabei nicht weniger erfolgreich.

Prager Glanz dank Stereoharfen

Gleich der Beginn der sechsteiligen sinfonischen Dichtung verzauberte. Eine gute Entscheidung des Dirigenten, die beiden Harfen rechts und links im Orchester zu verteilen. So entstand schon bei der ersten Vorstellung des Vyšehrad-Themas eine Klangillusion, als stünde der mächtige Prager Burgberg in all seinem Goldglanz plötzlich auf der Bühne des großen Saals. Erhaben und standfest wie die Mauern der Burg präsentierte sich das Thema der ersten Dichtung, das ja auch in den anderen Teilen des Werks wiederkehrt.

Ohne Partitur und zu Beginn stets mit einem Lächeln auf dem Gesicht dirigierte Jakub Hrůša das Werk, als würde er jeden Takt im Schlaf kennen. (Tut er vielleicht auch, schließlich lernte er bei Jiří Bělohlávek, dem Großmeister tschechischer Musik.) Mit klarer Schlagtechnik und Artikulation leitete er das gut disponierte Orchester fein an, und ließ diesem auch bei teilweise vollstem Körpereinsatz genügend Freiheiten für beherztes Musizieren. Hrůša, einer der Vertreter der dirigentischen Next Gen und seit 2016 Chef bei den Bamberger Symphonikern, empfahl sich damit durchaus für höhere Weihen und weitere Engagements in Wien.

Hrůšas Gestik schwoll gemeinsam mit der Moldau stetig an

Die beiden Quellen der Moldau ließ Hrůša ganz leise und glitzernd dahinplätschern, bis der Fluss (und damit auch Hrůšas Gestik) immer mächtiger anschwoll, um sich schließlich komplett entfesselt die Stromschnellen herabzustürzen und dann majestätisch ruhig an der Prager Burg vorbeizuziehen. Dynamisch unglaublich fein abgestimmt und ins letzte Detail genau modelliert war das, wie die Melodie durch die einzelnen Gruppen des Orchesters rauschte.

In den weiteren Sätzen, mehrheitlich von alten tschechischen Legenden inspiriert, ging es durchaus auch wilder zu. Die brutalen Gemetzel am Ende von Šárka oder die Kämpfe der Hussiten in Tábor zeigten nicht nur deutlich, dass Smetana (der eigentlich Deutsch sprach und erst spät in seinem Leben die Sprache seines Vaterlandes erlernte) seinen musikalischen Vorbildern der „Neudeutschen Schule“, allen voran Liszt, in puncto effektreicher Instrumentation bombastischer Musik in nichts nachstand. Sie gaben Hrůša auch alle Möglichkeit, das klangliche Potenzial des Orchesters voll auszureizen und das Publikum damit in einen Freudenzustand zu versetzen. So manch einer hätte wohl gerne schon nach dem Ende eines jedes Satzes geklatscht...

Ein ansteckendes Lächeln zum Schluss 

Doch nach den zahlreichen Wirren des böhmischen Volkes kehrte mit dem abschließenden, siegreichen Kampf auch das Lächeln auf Hrůšas Gesicht zurück, als wollte er das gesamte Orchester und Publikum durch seine innere Freude anstecken. Von letzterem gab’s Bravi und lange anhaltenden Applaus für diese mustergültige Darbietung des gesamten Zyklus, der weit mehr zu bieten halt als den classical superhit der Moldau.

Previous
Previous

Gänsehautmomente im Park und am Kanal

Next
Next

Stabilität bis zum nächsten Bier