Mit der Nebelmaschine im Wald
Passend zu Halloween geht es hier um Nebel im Wald - allerdings in viel ästhetischerer Form und gar nicht gruselig. Über den Artist Talk und die Idee des Fotoprojekts Nebelweit von Laura Sperl und Elena Kristofor.
Ich stehe in einem Raum. Um mich herum schimmert alles weiß. Ich halte meine Hand nach vorne, immer weiter von meinem Körper weg, und sehe sie mehr und mehr verschwinden in dem Nebel, welcher mich umgibt. Ab und zu sehe ich den Umriss einer Person oder höre ein Geräusch. Ansonsten habe ich nur mich in diesem Raum und ich muss mir vertrauen, dass ich weiß, wo ich bin (und wo der Notausgang ist). In diesem Moment könnte ich überall und nirgendwo sein, ich bin unbeobachtet, die anderen Menschen im Raum sind da, aber nicht wirklich existent. Ich denke daran, dass es allen anderen Personen hier und jetzt ebenfalls so geht, dass jede*r von uns allein in einem Raum voller Menschen ist (und stutze, weil das so kitschig klingt).
Als ich mich an diesem Abend auf den Weg zu dem Artist Talk von Elena Kristofor und Laura Sperl gemacht habe, wusste ich nicht, dass die beiden vorhaben, das Gespräch mit Nebelmaschine bewaffnet abzuhalten. Im Rahmen des Rotlicht Festivals stellten die beiden Künstlerinnen Fotografien ihres gemeinsamen Projekts Nebelweit in den Räumen der Masc Foundation aus und hielten nun den Artist Talk dort ab. Die Gäst*innen verteilten sich stehend im Raum, während langsam alles von den Nebelschwaden verhüllt wurde. Als die beiden Künstlerinnen also von ihrem Projekt erzählen, sehen wir sie nicht, die Stimmen kommen irgendwo aus dem Nebel.
Die Faszination des Ungewohnten
Für das gemeinsame Fotografie-Projekt zogen die beiden in den Wald, mit Kamera und Nebelmaschine. Zwei Räume, Nebel und Wald, werden miteinander verbunden und fotografisch und darstellerisch festgehalten. Im Frühling 2022 soll zudem ein Video das Projekt in bewegter Form ergänzen, man darf also gespannt bleiben!
Elena erzählt, dass der Wald für sie ein Ort sei, welcher ihr nie ganz geheuer war, auch weil sie als gebürtige Ukrainerin in der Weite der Steppe aufgewachsen sei. Dennoch spielt der Wald sowohl bei Nebelweit als auch bei ihrem Solo-Projekt Der Wald und das Steppenkind eine zentrale Rolle.
Während sie dies erzählt, stelle auch ich fest, dass der Nebel eine besondere Wirkung auf mich hat. Es ist leicht beängstigend und ungewohnt, gleichzeitig ist es kurios, interessant und man gewöhnt sich mit der Zeit an das Nichts, was einen umgibt. Man versteht, warum Elena sich mit etwas auseinandersetzt, was ihr eigentlich nicht liegt: Es übt eine seltsame Faszination aus.
Schaut man sich das Œuvre der beiden Künstlerinnen im Einzelnen an, stellt man fest, dass sie beide gerne experimentieren, mit Materialien und Verfahren spielen und gerne Selbstreflexion in ihre Kunst einfließen lassen.
In der (Analog)Fotografie ist Laura Sperl oft buchstäblich mit Körpereinsatz dabei und bindet den ihren in ihre Arbeiten mit ein, wie sie es auch bei Nebelweit vor der Linse tat.
Während Elena also das Spiel mit der Raumwirkung durch das Setting im Wald in das Projekt einfließen lässt, bringt Laura die darstellerisch-ästhetische Komponente mit.
Das Ergebnis ist eine Fotostrecke, die den Betrachter*innen ein Gefühl vermittelt, welches ganz dem bei ihrem Talk ähnelt: Ruhe und Spannung, Desorientierung und Klarheit geben sich die Hand - und ziehen sich durch wie Nebelschwaden. Dabei steht es allen frei, die eigenen Erfahrungen und Interpretationen beim Betrachten der Bilder mit einfließen zu lassen.
Für mehr Informationen zu den derzeitigen und kommenden Ausstellungen von Laura Sperl, bitte hier entlang. Und das hier ist der Weg, um zu erfahren, wo man Elena Kristofors Arbeit bestaunen kann.