Eine Nacht im Theaterhotel

Der Artikel für alle, die sich schon länger gefragt haben, was in den neugestalteten Räumen des Schauspielhaus Hotel passiert.

Zum verwechseln ähnlich: Ein Zimmer im Schauspielhaus Hotel /// (c) Marie-Theres Auer

First things first: Ja, das Schauspielhaus ist ein Hotel. Das Foyer wird zur Lobby, die Bühne zum Saal, alle unterschiedlichen Ecken zu Zimmern; komplett mit Bett (samt knisternder Bettwäsche), Schreibtisch, Sessel, Lampe, Zimmertelefon und Fernseher (mit Hauseigenen Fernseh- und Radiosendungen). Und ja, man kann dort auch übernachten, man kann jedoch auch einfach nachmittags oder abends kommen, durch die Zimmer geistern und sich überraschen lassen, was einem dort so begegnet.

Hotel voller Kunst

Auf Zimmer 206 und 207 hat sich zum Beispiel die Autorin und bildende Künstlerin Miroslava Svolikova eingemietet, die Video- und Audioinstallationen zeigt. Auf Zimmer 114 ist derzeit die Puppenkünstlerin Suse Wächter zu Gast. Und in Zimmer 203 finden sich Geschirrtücher, Hausarbeitszeitrechner und eine Nähmaschine, die den Aufstand aus der Küche proben. (Ein Langzeit-Re-Enactment von Mareike Hantschel, Lucie Ortmann, Katrin Ribbe und Demian Wohler).  Zwischendurch trifft man die Künstler*innen selbst bei der Arbeit. In Zimmer 105 versucht etwa Ensemblemitglied Jesse Inman derzeit, die Liebe mit Radfahren am Leben zu halten (und ist nebenbei auch gerne bereit über die Liebe zu plaudern). 

Der Weg ist das Ziel

Dem Ganzen liegt ein anderes Verständnis von Aufführung zugrunde, es geht nicht um fertige Arbeiten, der Fokus liegt auf den Entstehungsprozessen. Selbst das Hotel ist drei Wochen nach Eröffnung noch nicht fertig, es wird herumgeschraubt und ausgemalt. Das schöne dabei: Man spürt, dass man als Künstler*in Zeit bekommt, sich auf den Ort und Begegnungen einzulassen. Der Nachteil: Als Zuschauer*in passiert eben auch manchmal einfach: Nichts. 

Einblick in das Zimmer 202 /// (c) Matthias Heschl, Schauspielhaus Hotel

Die Lobby als Treffpunkt

Ich ziehe also (natürlich mit Koffer - wenn schon Performance, dann ganz) in unser Zimmer 108, setze mich auf den Sessel und mache das, was ich hier als Autorin im Rahmen des Hans-Gratzer Stipendiums tun sollte: schreiben. Während gespenstische Sounds (das Gespenster-Festival der Schule für Dichtung) durch das Haus schallen, schaut hin und wieder ein Geist bei der Tür hinein…ohne einzutreten, anscheinend ist die Konvention, nicht in fremde Zimmer zu kommen doch größer als die Neugier. Publikum (und auch Künstler*innen) ein anderes Verhalten anzutrainieren, als sie es gewohnt sind, braucht eben Zeit. Als es ruhiger wird, geistere ich selbst herum und finde eine Gruppe verbliebener in der Hotelbar (dem wiedereröffneten Restaurant Usus im Schauspielhaus). Der Rest versinkt in einer Weinflasche. 

Jetzt, am Morgen danach, sitze ich wie man es in Hotelzimmern eben so macht auf dem Bett, den Polster im Rücken, schreibe diesen Bericht und lausche. Das Gespenst des Theaters hört man nicht, dafür lautes Schnarchen aus den Nachbarzimmern, Schritte auf dem Flur und die Dusche laufen. Eine Hellhörigkeit im besten Sinne. To be continued, mein Zimmer für Jänner ist reserviert.

Previous
Previous

Gefangen im Orchestergraben

Next
Next

Mit der Nebelmaschine im Wald