Museen: Voller Energie in den Energiesparmodus

Ja, das Schönheitsgeheimnis der Mona Lisa und kalbende Eisberge lassen sich in einem Artikel unter einem Thema zusammenfassen.

Foto: Aliza Peisker

Foto: Aliza Peisker

Wir müssen lachen, Frau Viehhauser und ich, als wir feststellen, dass wir beide in den letzten Monaten so ungefähr jedes Museum in Wien abgeklappert haben, sofern dies möglich war. Wenn man etwas nicht mehr hat, dann weiß man es eben erst zu schätzen. Und so ergibt es sich, dass die Menschen vor Museen Schlange stehen, wenn es diesen pandemiebedingt erlaubt ist, für ein kurzes Zeitfenster ihre Türen zu öffnen. Über die Wichtigkeit von Kunst und Kultur müssen wir an dieser Stelle gar nicht diskutieren.

Museen und andere Kultureinrichtungen können Raum für vieles bieten. Auch Themen und zu behandelnde Problematiken, welche weit über die ausgestellte Kunst hinaus gehen, können ihren Platz dort finden. Dies beschränkt sich nicht nur auf die Vermittlung von Wissen durch und über die ausgestellten Exponate, sondern bezieht sich auch auf die Vorbildfunktion der Institution Museum.

 Nur die Spitze des Eisberges

Museen können eben nicht nur hübsch aussehen, sondern als Teil und Spiegel einer Gesellschaft auch zu dessen Beeinflussung, zum Umdenken beitragen. Sie sind Aushängeschilder ihres Standortes und bieten den Vorteil, dass sie auf ästhetische und inszenierende Weise gesellschaftliche Themen sichtbar machen können. Als ich im Kunst Haus Wien vor einigen Wochen die Video-Installation Ice Cry Baby (2017) von Anouk Kruithof sah, welche schmelzende und kalbende Gletscher zeigt (so nennt man das, wenn große Eisstücke abbrechen; ein wenig ökologisches Wissen am Rande), hat es mich bewegt und gefesselt. Mehr, als es bloße Zahlen und Statistiken getan hätten. Visualität und die Anregung des Vorstellungsvermögens machen ein Thema greifbar und zugänglicher.

So ist das Museum der ideale Ort, um als Vorbild in Sachen Nachhaltigkeit voranzugehen. Dies dachten sich auch die Initiatoren des Projekts 17 Museen x 17 SDGs und gehen das Sujet praktisch an. Es wurde unter anderem von der ICOM Österreich ins Leben gerufen. ICOM steht für International Council Of Museums, eine 1946 in Kooperation mit der UNESCO gegründete nichtstaatliche Organisation. Museen und Museumsfachleute aus 138 Ländern finden sich in ihr für den Schutz und die Bewahrung von Kulturgütern, für Forschung, Wissensaustausch und museumspolitisches Engagement zusammen. Kurz gesagt: Ein internationales Netzwerk der Kunstwelt.

Es wurden 17 Museen und Ausstellungshäuser aus ganz Österreich per Los nominiert, sich mit jeweils einem der 17 SDGs zu befassen und es bis Ende des Jahres in Form von Projekten zu erarbeiten. Die SDGs (Sustainable Development Goals) sind die 17 politischen Nachhaltigkeitsziele der UN. Sie sollen global eine nachhaltige Entwicklung auf ökonomischer, sozialer und ökologischer Ebene gewährleisten. Sie sind ein Teil der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, welche auch Weltzukunftsvertrag genannt wird. Für das Projekt werden diese 17 allgemeinen Ziele in der Kunst- und Kulturwelt eingebracht, um die Reichweite, die Möglichkeiten und Beliebtheit der Kultureinrichtungen zu nutzen.

Das beste Haus ist das nicht gebaute

Mit dem SDG 5 Gleichberechtigung der Geschlechter darf sich das Werner Berg Museum in Kärnten beschäftigen und das Salzburger Freilichtmuseum Großgmain geht das SDG 4 hochwertige Bildung an, um zwei Beispiele zu nennen. Auch drei Wiener Museen reihen sich in die Liste ein. Die Österreichische Galerie Belvedere setzt sich mit sauberem Trinkwasser und sanitären Einrichtungen auseinander (SDG 6), Das Naturhistorische Museum Wien mit Partnerschaften, um Ziele zu erreichen (SDG 17) und das Architekturzentrum Wien setzt die erneuerbare Energie (SDG 7) um.

Jedes Museum beschäftige sich im Laufe des Jahres mit seinem jeweiligen SDG auf seine eigene Weise. Generell solle das Projekt jedoch die Chance eröffnen, auf alle 17 SDGs gleichzeitig zu schauen, erzählt mir Alexandra Viehhauser vom Architekturzentrum Wien am Telefon. Es gebe eine große Verantwortung -damit einhergehend aber auch viele Möglichkeiten- in der Architektur und im Städtebau, Ressourcen so gut es geht zu schonen, einen Dialog zu eröffnen und Signale zu setzen. Das AzW versuche dies mit Ausstellungen wie Boden für alle (zu sehen bis zum 19.07.21), der Mitgliedschaft bei Museums For Future und der Beantragung des Museumsumweltzeichens umzusetzen.

Anti Aging Geheimnis der Mona Lisa: 21 Grad und 50% Feuchtigkeit

Ein Museum ist auch deshalb ein Ort, an welchem in Sachen Nachhaltigkeit viel richtig gemacht werden kann, weil hier genauso gut einiges falsch gemacht werden kann. Kunstwerke reisen zu Ausstellungen um die Welt, Kurator:innen und Besucher:innen reisen ihnen hinterher. Ohne konstante ca. 21 Grad Celsius und eine relative Luftfeuchte von 50%, welche Museen zum Erhalt von Gemälden unter hohem Energieaufwand gewährleisten müssen, hätte die Mona Lisa schon längst ihre ewige Jugend verloren. Die Liste könnte man noch lange weiterführen. Wie immer gilt: Nichts und niemand ist perfekt und niemand kann jedes Problem angehen, aber jeder noch so kleine Schritt lohnt sich. Projekte wie das oben beschriebene zeigen, dass die Chancen zum Wandel von Museen und anderen Institutionen mehr und mehr erkannt und genutzt werden.

Wenn man möchte, kann man dieser herausfordernden Pandemie doch etwas positives abgewinnen: Sie zeigt uns mehr als deutlich, welchen Einfluss und welche Möglichkeiten die Kunstwelt besitzt und wie sehr wir Kunst und Kultur brauchen, weil ohne sie das Leben irgendwie nur halb so lebenswert ist.

 

 

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