Nebel und Gischt

Die Wiener Künstlerin Gischt hat der Galerie Improper Walls am Mittwoch eine überzeugende Abschluss-Performance im Rahmen der Ausstellung The Space Between Us geschenkt.

Gischt /// Natália Zajačiková (c)

26. Jänner 2022. Alles spielt sich in einem Gehäuse aus Beton und Glas ab. Dünne, durchsichtige Schleier, auf die Licht und abstrakte Formen projiziert werden, fallen von der Decke. Der Boden ist muffig und weich gepolstert. Der Raum ist mit Nebel gefüllt. Es handelt sich hierbei um eine Installation der Daniela Brill Estrada und Zosia Hołubowska. 20 Zuschauer*innen sitzen und warten in einer stillen und nahezu religiösen Atmosphäre. Ein Computer, ein Controller und ein wunderschöner kleiner Pittsburgh Modular Synthesizer liegen am Boden.

Das ist der Ausgangspunkt für die wenigen Minuten des Live-Events Eclectic soundworlds von Gischt, dem Musikprojekt der in Wien lebenden Sound-Designerin und Produzentin Ursula Winterauer. Die Künstlerin bot die letzte von vier Performances im Rahmen der Ausstellung THE SPACE BETWEEN US und der Installation FOG/ MIST/ MGŁA, die von der Galerie Improper Walls kuratiert wird. Das ursprüngliche und sehr spannende Sound-Design dieser Installation, das von Zosia Hołubowska bearbeitet wurde, ließ an diesem Abend Platz für andere Klänge.

Ganz ohne Rokoko

Gischts elektronische Show ist experimentell, ambient und stark von Sound-Design-Arbeit geprägt. Alles ist angenehm weit entfernt von der stürmischen Aufregung um eine Performance am Abend irgendeiner Vernissage. Was hier sowohl in der Form als auch in der Aussage auffällt, ist ein echtes Gespür für Einfachheit, Feinheit und Minimalismus. Es gibt keine Melodie, alles ist schnörkellos und ohne Rokoko. Einfache Klänge, im edelsten Sinne des Wortes. Der Raum vibriert, zwischen digitalem Geplätscher und industrielleren Sequenzen. Jenseits einer bloßen musikalischen Darstellung scheint die Performance den Klang zu hinterfragen und das, was dieser in Kombination mit Licht zum Raum beitragen kann. Eine wahrlich immersive Erfahrung.

Wie hypnotisiert

Gischt zieht das Publikum schnell in ihren Bann. Nur wenige heben ihr Handy in Richtung der Bühne. Viele scheinen sogar das Bier zu vergessen, das sie noch vor wenigen Minuten mit Begeisterung geöffnet hatten. Man schaltet für einen kurzen Moment das Gehirn aus und lässt sich von einer angenehm nebligen Atmosphäre tragen. Am Ende ist das Publikum noch immer hypnotisiert und weiß nicht, ob der Sound auch wirklich gestoppt wurde. Dann folgt starker Applaus. Alle lächeln, alle schauen sich gegenseitig an. Es herrscht ein leichtes Gefühl von Gelassenheit. Ein einziges Bedauern; dass diese Live-Show nicht länger gedauert hat. Nun hoffen wir, dass das Gischt-Projekt bald wieder in längeren Konzerten zu sehen sein wird!

Für die vielen, die das Event verpasst haben, gibt es die Aufnahme in voller Länge auf dem YouTube-Kanal von Improper Walls zu sehen. Der experimentelle Charakter des Live-Sets findet sich auch auf der hervorragenden Arbeit des Wiener Labels Ventil Records wieder, das vor einigen Jahren von Winterauer mitbegründet wurde.

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