Der Klügere tritt nach

Fast fünf Jahre nach dem Erscheinen des Romans Sonne und Beton, gibt es die Verfilmung in den Kinos zu sehen. Es ist die Geschichte von vier Jugendlichen, die im Berliner Süden aufwachsen. Ein mit Emotionen gepackter Film, der auch nach dem Anschauen noch zum Nachdenken anregt.

© Constantin Film Verleih

Der Debütroman vom Berliner Comedian und Podcaster Felix Lobrecht wurde von der Kritik gefeiert. David Wnendt (Er ist wieder da) und er selbst haben das Drehbuch geschrieben. Es beschreibt die Jugend in Gropiusstadt - eine Ansammlung von Plattenbauten im Süden von Berlin. Hier ist zum Beispiel auch Christiane F. (Wir Kinder vom Bahnhof Zoo) aufgewachsen. Ein Ort, der aus Kindern schnell Erwachsene werden lässt. Felix Lobrecht ist selbst in der Gropiusstadt groß geworden. Im Film kann man sehr viele Parallelen zu seinem eigenen Leben erkennen. Er betont jedoch, dass das Buch keine Autobiografie ist, es aber alles genauso ihm hätte passieren können.

Ein Sommer im Jahr 2003

Das Licht ist weich, aber die Häuserkanten sind scharf. Es ist ein heißer Sommer. Keine Smartphones zu sehen, sondern bloß Tastenhandys. Die Sonne knallt auf die Plattenbauten. Der Beton heizt sich auf, die Gemüter auch. Die vier Protagonisten Lukas (Levy Rico Artos), Julius (Vincent Wiemer), Gino (Rafael Luis Klein-Hessling) und Sanchez (Aaron Maldonado Morales), verbringen diesen Sommer damit Schule schwänzen, Joints zu rauchen und später stehlen sie Computer aus der Schule.

Protagonist Lukas wohnt allein mit seinem Vater, denn seine Mutter ist gestorben. Sein Vater (Jörg Hartmann) versucht ihm oft mit dem Spruch „Der Klügere gibt nach“ zu überzeugen, sich aus Konflikten herauszuhalten. Darauf erwidert Lukas jedoch bloß „Der Klügere tritt nach.“ Der angespannten Atmosphäre zuhause entflieht er oft - er ist unterwegs mit seinen Freunden, die selbst alle einen Rucksack gefüllt mit Problemen mit sich tragen. Gleich zu Beginn des Filmes werden Lukas, Gino und Julius in eine Schlägerei verwickelt, deren Folgen sich über den gesamten Film ziehen. Es folgen rasante 119 Minuten, in denen es kaum Verschnaufpausen gibt. Weder für die Charaktere noch für die Zusehenden.

 Den Soundtrack, der von Hip-Hop Songs dominiert wird, liefern Rapper wie Lucio101 oder Luvre47. Luvre47 selbst spielt Lukas Bruder, der eine große Vorbildfunktion für ihn hat und auch Lucio101 ist auf der Leinwand zu sehen.

© Constantin Film Verleih

Mitreißendes Kino

Die Schauspieler der Protagonisten sind selbst alles noch Jugendliche, was es manchmal besonders betreffend macht, wenn sie sich eine Zigarette anzünden. In genau solchen Momenten merkt man, dass es alle noch Kinder sind, die zu früh erwachsen werden mussten. Sie wirken verloren inmitten der hohen Plattenbauten der Gropiusstadt und fühlen sich von den Behörden und der Gesellschaft vergessen. Es fließt viel Alkohol und Schweiß in dem Film. Der helle, ins orange gehende Filter, der über dem Film gelegt wurde, verstärkt das Gefühl der Hitze. Drogendealer und -Konsumierende treffen sich in dunklen Hinterzimmern. Felix Lobrecht selbst zieht einmal eine Line, hat aber keine tragende Rolle in seinem eigenen Film.

Die Freundschaft zwischen den jungen Protagonisten ist eine der treibenden Kräfte im Film. Nach außen hin, wollen sie wie taffe Jungs wirken, doch gemeinsam reden sie über Geheimnisse und Sorgen, die sie haben. Sie zeigt, wie wichtig es ist, Gleichgesinnte zu haben, besonders dann, wenn man von seinem Zuhause keine Unterstützung erhält.

© Constantin Film Verleih

Es ist ein Film, der Aufklärungsarbeit leistet, ohne zu belehrend zu wirken. Das Buch wird auch in vielen deutschen Schulen als Unterrichtslektüre gelesen. Lobrecht ist es gelungen, auf ein Thema Aufmerksamkeit zu lenken, was noch oft vergessen wird: Armut. „Sonne und Beton“ regt einen zum Nachdenken an. Über soziale Ungerechtigkeit, Gewalt dich sich verselbständigt und wie viel davon abhängt, wo man herkommt.

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