Techno und Kunst im Autohaus
Wie die Vienna Art Week-Eröffnung einem verlassenen Autohaus und einer leerstehenden Disco den Lebensatem einhaucht und sie zu Orten des Austausches erklärt.
Wie bereits im Teaser angekündigt, findet die diesjährige Vienna Art Week vom 12. bis 19. November 2021 statt. Am 12.11 wurde das House of Losing Control feierlich mit Drinks und Techno eröffnet, welches sich in einem leerstehenden Autohaus und abbruchreifen Wohnhaus im 20. Wiener Gemeindebezirk (Heistergasse 4-6) befindet. Unglaublich, wie viel Charme in so einem alten Gebäude steckt.
WHAT DO WE WANT?
Da sich die Ausstellung nicht nur mit vergangenen Ereignissen, wie 9/11, sondern vor allem mit der ungewissen Zukunft auseinandersetzt, wurde auch Artists for Future eingeladen, um ein Statement für das Klima zu setzen. Der bekannte Slogan „What do we want?“ steht fordernd in roter Farbe auf einer weißen Wand und ist umgeben von Wünschen der Besucher*Innen für eine lebenswertere Zukunft. Mein bisheriger Favorit: „Enkelkinder, die fragen: Wie habt ihr die Systemwende hinbekommen?“
Zersetzende Kunst trifft auf zersetzenden Raum
Neben den Eye-Catchern der Ausstellung, wie der 24 Meter langen Kartonskulptur von Peter Sandbichler oder der Pizza-Pyramide von Scott Clifford Evans, finden sich auch subtile Kunstwerke, an denen mensch nicht einfach weitergehen sollte. Darunter auch Mathias Hanins Soundinstallation Decomposition aus sich zersetzendem Schaum, die den Zerfall der Räumlichkeiten der Ausstellung geschickt aufgreift und das Potential der Dekonstruktion zur Erschaffung von etwas Neuem, der Rekonstruktion, hervorhebt.
Der Rundgang durch das Autohaus hat sich ein bisschen wie ein Suchspiel angefühlt, denn bei so einer gewaltigen Fläche, kann so einiges übersehen werden. Oft fragte ich mich, ob denn auch das verrostete Waschbecken mit alten
Schwämmen, das sicher seit Jahren kein Wasser mehr gesehen hat, oder eine eingedrückte Platte Kunst sei. Die Frage stellte ich mir später erneut, als ich in eine leerstehende Disco mit Viva-Club-Tapeten und alten Party-Fotos stolperte. Die Spuren von wilden Partynächten sind an dem Zustand des Raumes abzulesen, dem Hannah Neckel mit ihrer Herzskulptur Hyper-Heart wieder Sinnlichkeit verleiht.
Die Vielfalt des Kontrollverlusts
Der Kontrollverlust - sei er politisch, ökologisch oder persönlich, zieht sich dabei wie ein roter Faden durch die Ausstellung, könnte aber unterschiedlicher nicht umgesetzt worden sein. Die Kunstwerke rücken dabei die Diversität und Experimentierfreude der Wiener Kunstszene ins Licht und machen Lust auf mehr. Für „Mehr“ sorgen die Exhibition Tours und Open Ateliers, die sich kein*e Kunstliebhaber*In entgehen lassen sollte (und auf der Homepage der Vienna Art Week einsehbar sind).