Wiener Museen - komm’ auf deine Kosten

Ein ganzer Sommermonat in Paris. Ein durchaus teures, aber auch privilegiertes Erlebnis, welches den Geldbeutel allerdings in einer Hinsicht ‚verschont‘ hat: Die Museen sind für Menschen aus der EU unter 26 Jahren gratis. Und in Wien?

Bohema ©

Vier schöne Sommerwochen lang konnte ich mich nach meinem täglichen Französisch- Sprachkurs frei in den Pariser Straßen herumtreiben. Ohne viele Gedanken bezüglich preislicher Hürden, wählte ich zwischen allen möglichen kulturellen Institutionen stets mein Tagesprogramm. Vom vierstündigen Besuch im Louvre, einer Haar-Ausstellung (Des cheveux et des poils) im Musée des Arts décoratifs oder einem Abstecher auf die Dachterrasse des Museum Guimet war alles dabei – und das ohne Eintritt.

Dieses Angebot besteht in Frankreich seit 2009 aufgrund der Initiative der damaligen Ministerin für Kultur und Kommunikation, Christine Albanel, welche jungen Menschen den Zugang zum Kulturerbe ermöglichen wollte. Junge Menschen im Alter von 18 bis 26 Jahren – Studierendenstatus ist nicht vonnöten – aus der Europäischen Union können die Dauerausstellungen von französischen Museen – manchmal auch Sonderausstellungen – ohne Eintrittsgebühren besuchen. Da sich diese Besuchendengruppe oftmals noch in einer finanziell instabilen Situation befindet, wurde das Programm in Frankreich Teil der Kulturförderung. Zuvor galten ermäßigte Preise sowie Gratistage; eine Maßnahme, welche in der österreichischen Hauptstadt Wien immer noch gang und gäbe ist.

Museen müssen wirtschaften - ein Teufelskreis

In Wien stellt der Eintrittspreis für kulturelle Institutionen weiterhin eine Barriere dar, obwohl ein großes Grundinteresse an Museen vorhanden ist. Die Stadt präsentiert sich als Kulturhauptstadt, welche jedoch ihren stark ausgeprägten wirtschaftlich orientierten Fokus nicht vollends verstecken kann. »A museum is a not-for-profit, permanent institution in the service of society« bestimmte das International Council of Museums (ICOM) im Jahr 2022; »open to the public, accessible and inclusive, museums foster diversity and sustainability«. In diesem Sinne sind Museen geschaffen worden für die Öffentlichkeit, mit der Möglichkeit Einnahmen zu generieren, jedoch nicht gewinnorientiert zu handeln. Es kommt heutzutage jedoch die Frage auf, ob die Museen selbst mit der vermeidbaren Zugangsbarriere ihres Hauses agieren oder der Außendruck des Rechnungshofes, der Prüfungsgesellschaft (d.h. quantitativ statt qualitativ) oder die Folgen der COVID-19-Krise – temporärer Wegfall des Kulturtourismus – die Preispolitik bestimmen? Die Museen befinden sich mit dieser Frage nach den Eintrittspreisen in einer Spirale, die sich einerseits um eine Infragestellung der dominanten Hegemonie dreht, diese andererseits aber auch erhält, um weiterhin Qualität sichern zu können. An dieser Stelle kann erwähnt werden, dass immerhin junge Leute bis 19 Jahre freien Eintritt in die Wiener Museen bekommen, ermöglicht durch eine Initiative des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur, die dies subventioniert. Eine Maßnahme, die deutlich macht, dass die Politik innerhalb dieses Themas durchaus Umwertungspotential hat. Also, was ist mit denen über 19 Jahren, die gerade aus dem Elternhaus ausgezogen sind, die ersten eigenen Versicherungen zahlen und den eigenen Lebensunterhalt nun zumeist selbst in die Hand nehmen müssen?

Wer als junger Mensch nach Wien mitsamt dem Vorhaben reist Museen zu besuchen, kommt im doppelten Sinn auf seine Kosten. Mehrere Ausstellungen – unabhängig davon, ob Dauer- oder Sonderausstellung – sind sehr kostenintensiv, kratzen bereits an der 20-Euro-Marke (z.B. Kunsthistorisches Museum Wien) und machen den Zugang kaum noch leistbar. Natürlich zwingt niemand die Besucher*innen ins Museum zu gehen, jedoch hat Wien im internationalen Vergleich ein gutes Angebot, was gerne genutzt werden möchte. Wodurch eine weitere Frage aufkommt: Für wen sind die Museen eigentlich? Gratiseintritte können die kulturelle Beteiligung in Österreich ankurbeln, wodurch vor allem auch der Museumsbesuch für junge Menschen mit Hauptwohnort in Wien in den Alltag eingebunden werden können sollte. Zwar besteht durchaus die Möglichkeit, dass sie sich eine Jahreskarte für die jeweiligen Museen zulegen, welche sich im Rahmen zwischen 19€ (günstigste Jahreskarte: Kunsthalle Wien) und 44€ (teuerste Jahreskarte: Albertina/Albertina modern oder Oberes-/Unteres Belvedere/Belvedere 21) befinden, allerdings würde dies nicht das Problem lösen, dass gerne verschiedene Ausstellungen in unterschiedlichen Museen besucht werden möchten. Momentan ist der Preisaufwand zu hoch, um den Museumsbesuch in das alltägliche Budget integrieren zu können. Selbst beim ermäßigten Preis besteht keine stichhaltige Begründung für diese Festlegung, da dieses Angebot mal bis 25 Jahre, 26 Jahre und 27 Jahre gilt oder auch nur für Studierende (bis zu einem gewissen Alter). Die Museen definieren ihre preislichen Richtlinien auf eigene Art und Weise und wirken durch eine fehlende einheitliche Regelung nicht vollends besucher*innenfreundlich.

A better idea than the Brexit

Im internationalen Vergleich ist somit der Besuch eines der großen Wiener Museen für junge Menschen weniger erschwinglich. Neben Frankreich hat auch England seit dem Jahr 2001 eine reformierte Regelung der Eintrittspreise für nationale Museen und das nicht nur für junge Menschen, sondern tatsächlich für alle Besucher*innen. Großbritannien hat somit die Vorreiterfunktion inne, da die britischen Nationalmuseen ihre Dauerausstellungen für alle kostenlos zugänglich gemacht haben. Einnahmen werden über die Sonderausstellungen, Spendenaufrufe sowie staatliche Finanzierung geregelt. Zwar hatten zunächst die Brit*innen – während der Regierungsperiode von Margaret Thatcher (1979-1990) – als Erste das Prinzip der Vermarktung der Museen unter wirtschaftliche Maßgaben und ökonomische Zwängen gestellt, indem der Kultursektor privatisiert wurde und alles einen wirtschaftlichen Gewinn einbringen musste, allerdings würde eine weitere Ausführung dieses Themas zu einem anderen Artikel führen. Sie haben jedoch immerhin die Kurve bekommen ... Mit der Wahl der Labour Party (Sozialdemokratische Arbeiterpartei) 1990 blieb der ‚instrumental turn‘ – Kultur als Instrument und Wirtschaftszweig – zwar erhalten, allerdings finanzierte der Staat wieder Kultur – gerade auch unter sozialpolitischen Gesichtspunkten. Die Eintrittspreise konnten durch Kampagnen schrittweise abgeschafft werden, indem Museen die Mehrwertsteuer durch Änderungen der Mehrwertsteuergesetze seit 2001 zurückfordern dürfen. Regierungsstellen wie das Ministerium für Kultur, Medien und Sport (DCMS) sowie das Finanzministerium entschädigen seitdem die fehlenden Einnahmen aus dem Ticketverkauf. Die Besucherinnenzahlen stiegen sichtbar, während kostenpflichtige Museen eine deutliche Besucherabnahme verzeichnen mussten.

Etwas aufwendiger, aber nicht unmöglich

Und in Wien? Solange nicht über neue Maßnahmen bezüglich der Eintrittspreise für junge Menschen diskutiert wird, muss der Besuch ins Museum schlau angegangen werden. Newsletter abonnieren, zu Eröffnungen gehen und besondere Specials im Internet recherchieren, dann besteht sogar die Möglichkeit, irgendwann gratis ins Kunsthistorische Museum Wien zu kommen; das KHM ist mit 18€ Studierendenpreis das teuerste Museum in Wien. Knapp dahinter befindet sich die Albertina für 14,60€, deren Eintrittspreis jedoch in Kombination mit der Albertina modern auch auf 19,90€ hochspringt – ebenso beim Schloss Belvedere. Die günstigsten Angebote lassen sich wiederum beim Volkskundemuseum Wien sowie der Kunsthalle Wien finden, welche jungen Menschen den Eintritt in ihr Haus für 4€ ermöglichen; hier jedoch auch darauf achten, ob ein Studierendenstatus vonnöten ist. Die Kunsthalle Wien bietet jeden Donnerstag Die freie Donnerstagnacht an, in der von 17-21 Uhr die Ausstellungen gratis besucht werden können. Das mumok – Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien hat mittwochs wiederum einen Studierendenpreis von 7,50€ und das MAK – Museum für angewandte Kunst bietet allen Besuchenden am Dienstagabend zwischen 18-21 Uhr ein Ticket für 7€ an.

Um diesen Artikel mit einem Hoffnungsschimmer abzuschließen, kann nun final das Wien Museum erwähnt werden. Nach drei Jahren Umbau sowie Erweiterung wird es am 6. Dezember 2023 wieder öffnen und bis auf die Sonderausstellungen im obersten Stock durch die Möglichkeit des freien Eintritts für alle zugänglich sein. Vielleicht ist ja dann mal ein Besuch im Café oder Museumsshop dabei... oder nicht?

Oftmals wird das Argument vorgeführt, dass, wenn Menschen grundsätzlich nicht ins Museum gehen, sie auch nicht kommen werden, wenn es freien Eintritt gibt. Aber warum wird denn nicht erst einmal versucht, den Menschen den Besuch zu ermöglichen, die es sehr gerne wollen? Danach kann weitergeschaut werden, anstatt das bereits potentiell vorhandene Publikum direkt zu vergraulen. Es sollte keine Frage von Prioritätensetzung sein, ob ein Besuch ins Museum möglich ist oder nicht, denn die aktive Teilhabe am eigenen Stadtgeschehen- sowie Angebot muss eine Selbstverständlichkeit sein.

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