Alle Wege führen zum Bunker

Im Schauspielhaus Wien präsentiert Kandinsky und Ensemble einen Plan für den Katastrophenfall. Ist das eine Lösung gegen Klima, Krieg und Pandemie?

(c) Susanne Einzenberger /// Schauspielhaus Wien

Dienstagabend, Regenwetter! Zweites Läuten der Sirene. Schnell huschen die restlichen durchnässten Zuseher des Theaterstücks SHTF (eine Produktion von Kandinsky und Ensemble, nach der Idee von Lauren Mooney und James Yeatman) auf ihre Plätze. Drei Jahre in die Zukunft versetzt und diese Zukunft mag glanzvoll sein. Du kannst jeder sein der du willst - aber eingebettet in einem Katastrophenfall. 

Klimakrise, Weltkrieg, Pandemie. All das sind Szenarien, die wir Menschen schon seit langem versuchen zu ignorieren, welche uns aber schon längst eingeholt haben. Und genau dahin, wo es beim Nachrichten schauen gerade am meisten weh tut, führt uns SHTF hin.

(c) Susanne Einzenberger /// Schauspielhaus Wien

Nur was tun wir, wenn es hart auf hart kommt?

Das Kandinsky Ensemble meint: einen Bunker kaufen! Eine „Immobilie“, ein Ort, der dir in Krisensituationen Sicherheit gibt. Ein Bunker als Lösung für so manche „Proppers“/„Survivalists“ (dh: Menschen, die sich proaktiv auf den Ernstfall vorbereiten). Leistbar nur für Superreiche. „Survival of the fittest“ wäre eine passende Beschreibung oder wohl eher „Survival of the richest“!

Aber nun stellt sich die Frage: Alles schön und gut, aber will ich echt allein im Bunker sein? Geteiltes Leid ist halbes Leid, deswegen noch paar Freunde ins Boot holen, sonst wird’s fad? Aber jeden kann man nicht retten. Man muss abwägen. Die Reichen dürfen abwägen. Macht verschiebt sich nicht nur im Alltag, sondern auch auf der Bühne des Schauspielhauses, auf Seiten des Geldes.

(c) Susanne Einzenberger /// Schauspielhaus Wien

Ignorieren ist bequemer als studieren 

Die Thematik des Verdrängens in unserer Gesellschaft wird zwischen dem Gesagten des Stücks klar greifbar. Man wird dazu verleitet seine eigene Ignoranz zu Themen wie der Klimakrise zu realisieren. Tagtäglich erkennen wir zwar, dass etwas in unserer Umwelt gravierend falsch läuft. Massenkonsum, Verherrlichung von Fakten der Wissenschaft, Mangel der Änderungsbereitschaft auf Seiten unseres Konsums (nur um einige wenige zu nennen). Die latente Herangehensweise ist bei uns allen spürbar und gegenwärtig. Es scheint einfacher zu sein, die Probleme aufs Eis zu legen und sie zu verdrängen. Sogar die kleinsten Einbußen verherrlichen wir, statt noch aktiver zu werden. Gut für das innere Gewissen, schlecht für unser Außen.

Das Konzept der Gesellschaft, in der wir leben, ist, dass Krisen nicht passieren. Es beruhigt uns mehr zu verdrängen, als es uns beunruhigt, nicht auf Lebensgefahren vorbereitet zu sein. Es ist überlebenswichtig, die Dinge zu verdrängen, die man sollte (aus dem Programmheft von SHTF)

SHTF ist ein Theaterabend aus gesellschaftskritischen, höchst aktuellen Thematiken, die zynisch das Reflektieren persönlicher Haltungen und Handlungen, oder besser gesagt: Nichthandlungen anregen. Provozierend beschreibt die Produktion eine Art Albtraum, der sich zwar langsam, aber doch stetig in Richtung Wahrheit und Realität bewegt. Stellt euch ein auf eine spannende, zweisprachige Inszenierung vor, die sich auf eine Zukunft fokussiert, die schon längst zur Gegenwart geworden ist.

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