Dal pianeta degli umani — why frogs?
Zwischen Leben und Tod, zwischen Wasser und Land!
Eine absurde und in ihrer Absurdität doch so normale Dokumentation in essayistischem Stil, die sich zwischen Leben und Tod, Surrealismus und Zu-sehr-Realismus befindet.
Der italienische Regisseur Giovanni Cioni befasst sich in seinem neuen Film Dal pianeta degli umani (From the Planet of the Humans) mit dem Leben, dem Tod und vor allem den Grenzen zwischen diesen beiden. Cionis Herangehensweise gleicht dem frühen Autorenkino. Die Bilder, die sich den Zuschauer*innen zeigen, werden von den Erzählungen des Regisseurs begleitet.
Tagebuchähnliche Monologe, die eher einem fragmentarischen Gedicht gleichen, führen uns in einem der Säle des Metrokinos durch die innere und äußere Welt Ventimiglias. Ein Ort, der Grenzerfahrungen im Blut trägt: Dr. Serge Voronoff experimentierte 1920 mit Affen. Er transplantierte die Testikel von Affen in die Hoden von Männern. Angeblich solle dies verschiedenste Krankheiten heilen. Voronoff wurde hochgelobt, dann kam der Faschismus, er musste fliehen und mit der Flucht, verlor er auch all seinen Ruhm. Wir begleiten diesen Auf- und Abstieg dieses Chirurgen. Dazwischen befinden wir uns im Meer, an Land, im Wald, in der Luft, bei Emigranten und vor allem bei den Fröschen.
Dieser Chirurg, der Faschismus, Grenzgänger und Frösche haben es Cioni angetan
In Ventimiglia begann es. Nicht heute. Nicht jetzt. 1920. Nein. Mit den Fröschen. Die Geschichte faszinierte ihn. Experimente an Affen, zwischen Italien und Frankreich, während der Faschismus groß wurde und die Menschlichkeit immer mehr dem Verschwinden drohte.
Doch was bleibt, wenn am Ende nichts mehr bleibt? Wenn auch noch der letzte sich auf der Flucht befindliche Mensch auf seinen Reisen stirbt?
Cioni wirft viele Fragen auf. Er wiederholt sich und seine Bilder. Die Eindringlichkeit des Films ist unübersehbar. Der Soundtrack ist eine Mischung aus Klangfetzen, die an das Stimmen von Instrumenten im Orchestergraben erinnern.
Es hat etwas Unheimliches, etwas Beängstigendes, dem wir nicht entkommen können in diesen knappen eineinhalb Stunden.
Doch wir können entkommen. Denn ein Film endet, nicht aber die Tatsache, dass wir uns in turbulenten, zerfetzten Zeiten befinden.
Das begann nicht jetzt, das begann viel früher.
Am Ende des Films frage ich mich „Why frogs?“
Cionis Antwort: „They were there”.
Ganz simpel. Keine große Philosophie dahinter. Oder vielleicht doch? Meine Vermutung: Frösche leben weder ganz an Land, noch ganz im Wasser, seit Jahrmillionen schaffen sie es sich zu erhalten. Cioni bestätigt mir bei einer Zigarette nach dem Screening meine Vermutungen. Ein Mann, der am Boden geblieben ist und sich für surrealistischen Film im frühen Kino interessiert.
Eine Doku, die eher im Scherz als im Ernst passiert ist. Davon spüren wir nur ab und an etwas, denn die Bilder sprechen für sich. Sie reißen mit, sie machen Angst.
Dabei gleichen sie eher Urlaubsaufnahmen. Das Bild ist nicht zu selten verwackelt, die Sounds stimmen nicht immer mit dem Gesehenen überein und dazwischen sind Standbilder und altes Filmmaterial zu sehen.
Gefühlt befinden wir uns auf einer Reise durch die Geschichte des Films als auch der Menschheit.
Und dabei ist diese Reise noch lang nicht zu Ende!