Dasatskisi — Beginning

Französisch-georgischer Spielfilm von Dea Kulumbegaschwili: über Machtlosigkeit und patriachale Strukturen.

First picture / OFA (c)

Das Crossing Europe Film Festival liegt nun schon einige Monate hinter uns und doch hallen einige Filme noch nach, wie z.B. der beklemmende Thriller Knocking oder das, unter anderem durch sein Star Aufgebot, beeindruckende, Drama Proxima. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich während des Festivals nicht allzu viele Filme sichten konnte. Glücklicherweise gab es auch heuer wieder die Möglichkeit via des VOD Clubs ausgewählte Festival Filme nachzuholen und so kam ich doch noch in den Genuss, mir Beginning, einen der Festivalgewinner, anzusehen. 

Die Handlung ist schnell erzählt, es geht um Yana (Ia Sukhitashvili), einer Pfarrersfrau und treue Zeugen Jehovas Anhängerin, ihrem Mann, der Pfarrer in eben dieser Zeugen Jehovas Gemeinschaft und ihrem gemeinsamen Sohn. Unter dieser auf den ersten Blick dünnen Handlung, verbirgt sich ein erschütternder Film, indem uns die Regisseurin Dea Kulumbegashvili die Stellung der Frau in der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas näherbringen will. Tiefer will ich auf die Handlung, aus Spoiler technischen Gründen, nicht eingehen.

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Schon zu Beginn des Filmes wird die besondere visuelle Umsetzung des Films ersichtlich, der Film beginnt mit einer minutenlangen statischen Kameraeinstellung, indem wir eine Messe der Glaubensgemeinschaft gezeigt bekommen, als diese jäh unterbrochen wird, weil jemand von draußen einen Molotow-Cocktail in das Gebäude wirft, hält die Kamera trotzdem minutenlang weiter darauf. Das ist exemplarisch für den ganzen Film, er besteht im großen Teil aus statischen Einstellungen. Kameraschwenks sind selten und werden, wenn „functional“ eingesetzt, zum Enthüllen einer neuen Information zum Beispiel. Dass der Film trotzdem nicht langweilig oder zäh wird, liegt an dem mitreißenden Drama, dass sich vor den Augen des Zuschauers entfaltet.

First picture / OFA (c)

Eine weitere visuelle Besonderheit, ist die Schönheit der Landschaft und der Bilder, die im scharfen Kontrast zu den, soviel sei verraten, harten Vorkommnissen im Film stehen. Fast so als würde die Regisseurin versuchen uns mit der schönen Landschaft abzulenken, von der harten Realität vor unseren Augen. Schnell wird klar, in der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas herrschen patriarchale Strukturen, die Frau hat dabei eine zweitrangige, eingeengte Rolle. Diese Enge, die unsere Hauptprotagonistin Yana spürt, wird auch den ganzen Film über, durch Verwendung eines engeren Bildformates, auf den Zuschauer übertragen. Sehr oft wird auch damit gespielt, dass Dinge passieren, wir Gespräche hören, die außerhalb des Bildes stattfinden, wir aber als Zuschauer nie gezeigt bekommen.

„Es gibt Filme, die sind in ihrer leisen Wucht so gewaltig, dass es einem förmlich den Atem verschlägt…

…Dasatskisi ist so ein kleines Meisterwerk“ – Pamela Jahn, Crossing Europe Festivalmagazin

Auch inhaltlich und erzählerisch kann der Film überzeugen. Wir folgen Yana den Film über durch diese patriarchale Welt, dabei gibt es keine Erklärung, der Zuschauer ist komplett seinen eigenen Eindrücken überlassen. Die Bilder sprechen auch für sich selbst und lassen kein anderes Gefühl als Mitgefühl für unsere Hauptprotagonistin zu. Erzählerisch wird immer wieder auf symbolische Bilder gesetzt, vor allem gegen Ende. Das Ende wiederum ist auch der größte Kritikpunkt an dem Film, die Symbolik geht dort etwas zu weit und rutscht mit dem letzten Bild auch ins Surreale, eine Entwicklung, die der Film meiner Ansicht nach nicht nötig hätte. Wirkt doch die gezeigte Realität schon eindringlich genug.

Abschließen lässt sich sagen, dass Beginning definitiv einen Blick wert ist. Es sollte erwähnt werden, dass es sich hier um ein Langfilmerstlingswerk der georgischen Regisseurin Dea Kulumbegashvili handelt. Mit seiner Thematik passt er leider immer noch sehr gut in die aktuelle Zeit und ist damit nicht nur aktuell, sondern auch wichtig. Man bekommt auch als männlicher Zuschauer ein sehr gutes Gefühl dafür, was es heißt, als Frau in patriarchalen Strukturen zu leben und wie wichtig es wäre, diese aufzubrechen. Der Film berührt dabei noch andere Themen wie zum Beispiel Religionsfreiheit. Mich persönlich hat der Film mit einem Schlag in die Magengrube hinterlassen und das ist durchaus positiv gemeint. Beginning ist ein Film, der einem definitiv im Gedächtnis bleibt und über den man noch lange nachdenken und sprechen kann und hoffentlich wird. 

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