Spider-Man: Across the Spider-verse – Die spinnen die Held*innen

Was?! Schon wieder ein neuer Spider-Man-Film? War da nicht gerade einer im Kino? Ja genau, Superhelden- und vor allem Spider-Man-Filme gibt es derzeit in zahlreichen Ausführungen. Aber warum sich gerade der neueste Film lohnt, erfährt ihr hier.

Miles & Gwen bei einem ruhigen moment in Ney York /// Sony (c)

„Spider-Man: Across the Spider-Verse“ ist die Fortsetzung des 2018 erschienenen Animationsfilms „Spider-Man: Into the Spider-Verse“ (der in Deutschland und Österreich den unsäglichen Titel „A New Universe“ trägt). Damals wurde eine bahnbrechende neue Animationsart verwendet, die nicht nur mittlerweile weiter verbreitet ist (die Fortsetzung zu “Der gestiefelte Kater“ hat dies zB aufgegriffen), sondern auch die Herkunft als Comic respektiert und integriert. Federführend sind Phil Lord und Chris Miller, die bereits „The Lego Movie“, „Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen“, die „Jump Street“-Filme und noch mehr für Erfolge gesorgt haben. Hier sind sie nur als Produzenten und für die Geschichte verantwortlich. Regie durften gleich mehrere Personen übernehmen: Joaquim Dos Santos, Kemp Powers und Justin K. Thompson.

Ein Sprung durchs Multiversum

Dass Comics eine Kunstform sind, sollte ja schon länger klar sein. Spätestens mit diesem Film sollte das allen klar sein. War der erste Teil schon wunderschön, so legt die Fortsetzung hier noch eines drauf.  Als „Atemberaubend schön“ kann man die Bilder beschreiben, die einem entgegen flimmern. Jede Welt hat ihren eigenen Stil, und bietet von semi-realistischen Animationen bis hin zu expressionistischen und surrealistischen Farbklecksen ein breites Spektrum an Vielfalt. Die Versammlungsstätte der Legion der Spider-Men ist mit viel Liebe fürs Detail gestaltet. Nicht nur bekommt man Referenzen auf alle 4 Live-Action-Spider-Man-Versionen (“Spider-Man: No Way Home” lässt grüßen), sondern auch zahlreiche neue und unerwartete Versionen der freundlichen Spinne aus der Nachbarschaft zu sehen. Welche, das soll hier nicht gespoilert werden.

Ein Spider-Verse mit viel Liebe fürs Detail /// Sony (c)

Zur Handlung

Als ein neuer Spider-Man-Bösewicht die Fähigkeit erlernt, durch das Multiversum zu reisen, muss die Legion der Spider-Men unter Führung von Miguel O’Hara aka Spider-Man 2099 (Oscar Isaac) anrücken, um die Geschehnisse wieder ins Lot zu bringen, und den Kanon zu erhalten. Neo-Spider-Man Miles Morales (Shameik Moore), der Superhelden-Tun und das Leben als Teenager unter einen Hut bringen soll, muss dabei erkennen, dass die Dinge doch komplexer sind, als sie scheinen, und weit mehr auf dem Spiel steht, als bloß einen lustigen „Villain of the Week“ (Jason Schwartzman) zu besiegen.

Wer kann, der Kanon

Noch vor dem beeindruckenden Opening-Segment mit Gwen Stacy aka Spider-Woman (Hailee Steinfeld) referenziert der Film seine Comic-Vergangenheit mit dem Stempel „Approved bei the Comic Code Association“. Dieser Stempel ist das Comic-Pendant zum Hays Cade bzw dem MPAA für Filme, und stammt aus einer Zeit, als Comics noch von einem konservativen Wertesystem unterdrückt wurden, und ja keine realen Themen ansprechen durften. „Spider-Man“ war Anfang der 70er eines der ersten Comics, die sich dagegen auflehnten. Der Stempel hier zu Beginn ist weit mehr als ein intertextueller Scherz, zeigt er doch, wie weit wir als Gesellschaft gekommen sind. Das Innenleben der Figuren wird per Text-Blasen beschrieben. Immer wieder werden Comic-Cover als Intermission-Teiler eingeblendet, um neue Kapitel und Szenen anzukündigen.

Spider-Man wird gejagt von…Spider-Man? /// Sony (c)

Jeder kennt die Geschichte von Spider-Man. Seit über 20 Jahren schwingt die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft über die Leinwände, es gibt diverse Zeichentrickserien, und die Comics gibt es seit den 1960ern. Sam Raimis Trilogie setzte nicht nur auf Peter Parker (Tobey McGuire) als Erzähler, sondern zumindest auch in erzählte in den Opening Credits von „Spider-Man 2“ auch auf visueller Ebene die Geschehnisse des ersten Films nochmal nach. Spider-Man erzählt gerne, wer er ist, und wie er zu dem geworden ist. Auch wenn es alle bereits wissen. Dies machen sich die Spider-Verse-Filme zu nutze. Im ersten Teil stellen sich all die verschiedenen Spider-Leute selbst vor, manchmal sogar simultan. Es ergeben sich viele Überlappungen, Ereignisse, die gleich sind: Der Kanon. Und eben dieser Kanon ist der zentrale Punkt in “Across the Spider-Verse”: Auf einer Meta-Ebene stellt sich der Film Themen nach Narration und Erwartungshaltung: Wie sehrt ist dein Leben beeinflussbar, wenn du quasi nach Skript lebst? Ist alles vorherbestimmt, oder lassen sich Ereignisse ändern? Und wenn sich Ereignisse ändern lassen, welche Auswirkungen kann das auf das – spinnennetzartige - Gesamtkonstrukt haben?

“Der Spot” hats eben doch nicht in sich /// Sony (c)

To be Continued…

Der einzig aufscheinende Minuspunkt ist, dass es sich hier um einen Zweiteiler handelt. Ganz genau: Der Film hört offen auf, und wird nächstes Jahr mit „Beyond the Spider-Verse“ abgeschlossen. Dadurch ergibt sich aber auch ein Gefühl von Unvollständigkeit. Ebenso keimt die Angst, dass der dritte Teil die Standards dieses Films und seines Vorgängers nicht halten kann, auf.

Gleichzeitig wird es trotz detaillierter Erzählung der Ereignisse des Vorgängers für viele Leute schwierig, den Geschehnissen zu folgen, wenn sie „Into the Spider-Verse“ nicht gesehen haben sollten. Nichtsdestotrotz haben wir mit „Across the Spider-Verse“ die wohl beste Filmversion des Comic-Helden vor sich.  Wunderschön gestaltet und mit viel Lebhaftigkeit und Gefühl eingesprochen, fühlt sich der Film trotz des fehlenden Abschlusses rund an, und wird somit zu einem Highlight des Film-Jahres.

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