Vereinbarkeit gehört besungen

In ihrem Tempo und mit ihrem Stil: In „Mama macht Lala“ zeigen zwei Sängerinnen den Alltag als Mutter in der Theater- und Opernbranche.

(c) Design von Lara Cortellini

Auf den ersten Blick scheint für manche die ‚hohe Kunst‘ der Opernbühnen mit dem Mama-Sein unvereinbar – doch diese zwei talentierten Power-Frauen schaffen, mit Unterstützung des singenden Pianisten Andreas Fröschl, das vielleicht Unmögliche. Claudia Goebl und Christina Sidak nehmen das Publikum mit in ihren Alltag, der sich nicht nur glamourös gestaltet. Die Musikkomödie „Mama macht Lala“ unter der Regie von Angelika Kirchschlager und mit Choreografien von Bernadette Leitner im Vindobona entpuppt sich als ein bunter Abend voller vielfältiger Ebenenwechseln: Von Opernarien zu Zarah Leander, von Witz zu totaler Ernsthaftigkeit und von Gesellschaftskritik zu purer Lebensfreude.

Da seh’ ich mich!

Nicht immer gestaltet sich der Wiedereinstieg in die Opernbranche nach einer Babypause einfach, dies lernen die Zuschauenden hier zu thematisch passenden Gesangseinlagen. Früher waren sie Vamps (Sidaks Darbietung des Lieds „Ich bin ein Vamp“ von Mischa Spoliansky sei dabei besonders hervorzuheben), nun sind sie jedoch meist in Still-BHs vorzufinden und verbringen ihre Tage mit ihren Kindern auf Spielplätzen. Die Suche nach dem perfekten Kompromiss beginnt: Zwischen Selbstkritik („Oh Gott, passe ich jemals wieder in diese engen Kleider?“) und kritischer Musterung von außen („Sollten Sie jetzt gerade nicht zuhause bei Ihrem Kind sein?") versuchen die beiden Operndiven den richtigen Weg zu finden. Doch gibt es den?

Als Theaterbesucher*in hat man oft keine Vorstellung von dem, wie es hinter den Kulissen der großen Theater- und Opernhäuser aussieht. Bis heute ist es leider so, dass Künstlerinnen größere Steine in den Weg zur Bühne gelegt werden. Es werden auszugsweise Casting-Situationen gezeigt, in denen den Frauen übergriffige und grenzüberschreitende Fragen gestellt werden („Stillen Sie eh nicht mehr?“), die klar aufzeigen, dass singing mums nicht nur dem allgemeinen Druck unterliegen, beispielsweise möglichst schnell wieder so auszusehen, wie vor der Schwangerschaft, sondern auch in unangenehme Gespräche gezwungen werden, aus dem einfachen Grund, Mutter zu sein. Die Care-Arbeit bleibt währenddessen, wie so oft, unsichtbar und unbeachtet. Dass die Problemzonen der Theaterbranche hier so offen und zugänglich kritisiert werden, verdient Beachtung.

Back in the game

Das Publikum kann sich mit den Frauen identifizieren, die auf den wahren Leben der Darstellerinnen basieren. Während einer Szene, in der es darum geht, wie sich eine Sängerin in der eigenen Wohnung am besten einsingen und gleichzeitig das Kind unterhalten kann, hört man im Publikum den überzeugten Kommentar: „Da seh‘ ich mich!“. Dies ist die Moral der Geschicht‘: Die Vereinbarkeit der beiden großen Bestandteile ihrer beiden Leben, jedoch jeweils auf eine ganz individuelle Weise. Es ist schwer, sich für eines der zwei Dinge eine Seite entscheiden zu müssen und harte Prioritäten setzen zu müssen, wenn es um etwas geht, was den Künstlerinnen die Welt bedeutet – doch vielleicht müssen sie das gar nicht.

So, wie das Bühnenbild an diesem Abend gleichermaßen Opernbühne, Arbeitsplatz und privates Wohnzimmer darstellt, sieht es auch im Leben der beiden aus: Es gehört eben alles dazu. Nur manchmal wäre es leichter, von außen etwas mehr Unterstützung zu erhalten. Das musikalische Theaterstück ist ein gelungener erster Schritt in die richtige Richtung. Hoffentlich macht sich die Theaterbranche Notizen.

In diesem Sinne: „Vereinbarkeit gehört besungen!“. Für mehr Visibilität!

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