Female Rage on Stage

Elektrisierende Beats, rasende Wut und behaarte Vulven. Die Premiere von HERSTORY zwischen Empowerment und der ungefilterten Lebensrealität von Frauen*.

Foto von Alex Gotter (c) /// Design von Lara Cortellini

HERSTORY, ein Doku-Theaterstück, welches genau das behandelt, was es aussagt: Das Erzählen der Geschichten von Frauen* unterschiedlichster Altersgruppen und Herkunft. Ein zugleich ehrliches und mitreißendes Theatererlebnis geschaffen von Sophie Benedikte Stocker in Kooperation mit Werk-X Petersplatz und Handikapped Unicorns. „Benimm dich wie eine Frau“ - Doch was bedeutet das? “Keine knappe Kleidung, nicht zu viel Make-Up, sei nicht zu laut, trink nicht zu viel, Männer mögen das nicht.” Doch was Männern gefällt, ist den sechs Darsteller*innen heute egal. Dieser Abend gehört den Frauen*, besser gesagt deren Wut, welche auf der Bühne mit voller Energie ausgelebt wird. 

„Blut. Es kommt aus der Vagina. Und woher kommst du?“

Ungefiltert, real und mit einer Wucht an Ironie werden Ausschnitte aus dem Alltag von Frauen* dargestellt. Egal ob die erste Periode, das erste Mal oder die erste sexuelle Belästigung, kaum ein prägender Moment des Frauen*-Daseins wird dabei ausgelassen. Eine Mischung aus traumatischen Erfahrungsberichten, peppigen Dialogen und amüsant aufgearbeiteter Nachinszenierungen, welche trotz Gelächter die Ernsthaftigkeit der Inhalte bewahrt. Dunkle Statistiken der Unterdrückung von Frauen* werden nicht einfach als stumpfe Fakten präsentiert, sondern im Dildo-Quiz abgefragt. Der Preis? Eine lebenslange Mitgliedschaft im Patriarchat. 

Wir wollen stören!

„Hast du dich gewehrt? Warst du betrunken? Naja, dein Rock war schon ziemlich kurz. Der Freund, der Chef, der One-Night-Stand. Die Täter sind egal, deren Leben soll ja nicht zerstört werden. Aushalten und Schweigen, denn glauben wird dir sowieso niemand.“ Doch statt sich von diesen Aussagen einschüchtern zu lassen, wird hier im Theater der Rage freien Lauf gelassen. Die Aggrepo-Punk Sounds von Jana Schulz bieten die perfekte musikalische Begleitung. Platziert auf einer Bühne im Hintergrund  unterteilen die elektronischen Beats die einzelnen Szenen, wobei die Darsteller*innen selbst in Rap-Darbietungen ihren Gedanken freien Lauf lassen. Nichts ist tabu, alles muss raus. Die sehr minimalistisch ausgestattete Bühne bietet dabei freien Raum für eine Ekstase des Female Rage

Konsens, Klitoris und Ko-Tropfen

Mittels einer imaginativen Figur namens Herbert wird sowohl eine Konsens-Erklärung für Dummies wie auch eine bewusste Zuspitzung von Diskussionen mit Männern dargestellt. Die Zuschauer*innen im Publikum bleiben dabei genauso wenig verschont wie Herbert. Sexualisierte Provokationen werden ironisch auf das Publikum projiziert. Eine Herausforderung, welche viele Männer im Saal wohl das erste Mal in ihrem Leben betrifft - für die meisten Frauen* ist es eine alltägliche Realität. Das Stück begeistert dabei nicht nur durch ein tiefes  Gefühl der Verbundenheit, sondern auch durch unverfälschten Charm. Obwohl die Thematik ein Gefühl der Betroffenheit auslöst, verlässt man den Saal mit einer inneren Rage der Motivation. HERSTORY ist fernab einer bloßen Erzählung vor allem ein Aufruf des Aktivismus und Anstoß der Veränderung: „No more excuses. No more abuses.“

Für alle jene die sich ebenfalls mitreißen lassen möchten, ist HERSTORY noch bis zum 25. März im Werk-X Petersplatz zu sehen.

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